Angelika Hofer im Podcast über Jugendarbeit, Perspektiven und Menschlichkeit
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Von der Fotografie zur Sozialwirtschaft
Aufgewachsen im steirischen Perchau am Sattel – einem Ort auf 1.005 Metern Seehöhe – hat sie schon früh gelernt, Dinge aus einer besonderen Perspektive zu betrachten. Ursprünglich als Fotografin ausgebildet, fand sie mit 23 Jahren ihren Weg in die Sozialwirtschaft. Was folgte, war ein vielseitiger Werdegang mit zahlreichen fachspezifischen Aus- und Weiterbildungen – von Sozialpädagogik über Behindertenbetreuung bis hin zu Leadership-Programmen.
Angelika Hofer war viele Jahre in leitenden Funktionen im Bereich Menschen mit Behinderung tätig, bevor sie 2016 zur Diakonie de La Tour Steiermark wechselte. Dort startete sie in Knittelfeld mit der Leitung einer Nachmittagsbetreuung, 2021 kam die Leitung einer Krisenwohnung dazu – und seit 2024 steht sie an der Spitze des Jugendzentrums im Bunten Haus in Knittelfeld.
Ein offener Raum für Jugendliche
Das Jugendzentrum Knittelfeld ist für viele junge Menschen in der Region ein wichtiger Treffpunkt. Rund 20 verschiedene Nationen sind dort vertreten. Für Angelika Hofer steht vor allem eines im Mittelpunkt: Verständnis für die jeweilige Lebenssituation. „Jeder Jugendliche bringt seine eigene Geschichte mit, niemand ist gleich. Unsere Aufgabe ist es, darauf einzugehen und ein Umfeld zu schaffen, in dem sich alle angenommen fühlen“, erklärt sie im Podcast.
Dabei gehe es nicht um Leistung oder Druck, sondern darum, einfach „sein“ zu dürfen. Manche Jugendliche suchen Austausch, andere Aktivitäten wie gemeinsames Kochen oder Sport – und wieder andere brauchen schlicht einen Ort, an dem sie in Ruhe gelassen werden.
Mitbestimmung und Partizipation
Das Jugendzentrum setzt stark auf Beteiligung: Jugendliche wählen Haussprecher:innen, die ihre Interessen vertreten. Aus diesen Strukturen entstand der sogenannte „JUZ-Rat“, der sich regelmäßig mit der Leitung austauscht.
Ein wichtiger Impuls war das Projekt „Braver Spaces in der Offenen Jugendarbeit“, das gemeinsam mit dem Land Steiermark umgesetzt wurde. Dabei wurde sogar eine eigene Verfassung für das Jugendzentrum erarbeitet. „Es geht im Kern darum, zuzuhören – und ernst zu nehmen, was Jugendliche brauchen und wollen“, sagt Hofer.
Perspektivenlosigkeit als große Herausforderung
Eine der größten Herausforderungen in der offenen Jugendarbeit sieht Hofer derzeit in der Unsicherheit junger Menschen. Viele wüssten nicht, wie es nach der Schule weitergehen solle oder welche Möglichkeiten ihnen offenstehen. Sprachliche Barrieren, fehlende Abschlüsse und ein hoher Migrationsanteil erschweren den Weg zusätzlich. „Wir versuchen, die Jugendlichen zu erden, Vertrauen aufzubauen und sie mit passenden Stellen zu vernetzen. Sie sollen wissen: Es gibt Unterstützung, und es gibt Wege, die weiterführen“, so Hofer.
Schutzraum für Frauen und Kinder
Neben ihrer Arbeit im Jugendzentrum leitet Angelika Hofer auch die Krisenwohnung in Knittelfeld. Diese bietet Frauen und ihren Kindern in akuten Notlagen Zuflucht. Dort können sie zur Ruhe kommen und einen Neuanfang wagen.
Die Wohnung ist liebevoll eingerichtet und auf Familien ausgelegt. Die Zuweisung erfolgt über die Bezirkshauptmannschaft Murtal oder über das Frauenhaus. „Unser Auftrag ist es, die Familien zu stabilisieren, Sicherheit zu geben und sie beim Neustart zu begleiten“, erklärt Hofer. Dazu gehören die Suche nach Wohnraum, die Organisation eines Schulplatzes für Kinder oder die Begleitung durch Sozialarbeiterinnen.
Eine besondere Herausforderung sei es, wenn Frauen in alte, oft gewaltbelastete Strukturen zurückkehren: „Es braucht sehr viel Mut, ein neues Leben zu beginnen und daran zu glauben, dass man es schaffen kann.“
Persönlicher Ausgleich und Haltung zur Menschlichkeit
Trotz der hohen Belastung schöpft Angelika Hofer Kraft aus ihrem Privatleben. Sie findet Ruhe in ihrem Garten, beim Yoga und im Familienleben. „Ich brauche gar nicht viel – eine Stunde im Garten reicht, um wieder bei mir selbst anzukommen“, erzählt sie.
Auf die Frage nach dem Stellenwert von Menschlichkeit antwortet Hofer kritisch: „Ich empfinde Menschlichkeit in unserer Gesellschaft oft als oberflächlich. Man urteilt sehr schnell, ohne wirklich hinzusehen. Wirkliche Menschlichkeit beginnt dort, wo wir uns auf den anderen einlassen und versuchen zu verstehen, warum jemand so handelt, wie er handelt.“
Die Folge ist ab sofort auf allen gängigen Podcast-Plattformen abrufbar.