Jahresbilanz - Rückschau 2025 - Ausblick 2026
- Analyse
2025 hat Österreich, auch dank einer Rede des Bundespräsidenten, die demokratische Bedeutung des Kompromisses wiederentdeckt. Die große Frage – auch für 2026 – ist: Wie kann der Kompromiss seine demokratische Kraft entfalten? Jedenfalls nicht, indem alles ins Regierungsprogramm geschrieben wird, was den einzelnen Parteien wichtig ist – mit der Folge, dass Maßnahmen einander widersprechen und nicht das halten, was sie vorgeben.
Das ist bei der Kinderarmut der Fall: Einerseits soll eine Kindergrundsicherung kommen. Andererseits sieht die geplante Reform der Sozialhilfe Kürzungen um die Familienbeihilfe vor. Wenn die Sozialhilfe gekürzt wird, ohne dass gleichzeitig die Kindergrundsicherung umgesetzt wird, werden wir mehr statt weniger Kinderarmut sehen. Das wäre eine fatale Aussicht für 2026, zumal 37% der Sozialhilfebeziehenden Kinder sind. Die Regierung ist 2026 zu besonnenem Handeln aufgerufen.
2025: Jahr des Bruchs mit der Menschenrechtstradition
2025 ist ein Dammbruch passiert: Im Juli wurden die Familienzusammenführungen für Geflüchtete, die in Österreich Schutz zugesprochen bekommen haben, vorübergehend gestoppt, im Dezember wurde die entsprechende Verordnung um weitere sechs Monate verlängert. Das Menschenrecht auf Familie wurde für eine bestimmte Gruppe von Menschen außer Kraft gesetzt – ausgerechnet von einer Koalition dreier Parteien, von denen eine sich als Familienpartei präsentiert, die zweite für Solidarität steht und die dritte die Grundrechte auf die Fahnen ihrer liberalen Tradition schreibt. Ein Dammbruch. Denn die Menschenreche sind unteilbar, d.h. sie gelten in ihrer Gesamtheit, und sie sind universal, d.h. sie gelten für alle Menschen und für jeden einzelnen Menschen. Wenn man bei einem Menschenrecht und einer Gruppe anfängt – wo wird das enden?
2025: Jahr des Budgets
2025 war das Jahr, in dem das Budgetloch in Bund und Ländern offenbar wurde. Bei Konsolidierungsmassnahmen steigt die Versuchung, bei denen zu kürzen, die sich am wenigsten wehren können. Armutsbetroffenen etwa, oder Menschen mit Behinderungen.
Eine Analyse des Budgetdienstes zeigt, dass die geplanten Maßnahmen Menschen mit wenig Einkommen härter treffen als jene mit hohen Einkommen. Die Frage bei Budgetreformen ist immer das Wie.
2026: Geldmittel klug und richtig einsetzen, hilft sparen.
2026 müssen Folgekosten von Kürzungen ebenso bedacht werden wie das Potential von Systemreformen. Gerade bei Pflege, Arbeitsmarkt und Armutsbekämpfung sehen wir: Geldmittel klug und richtig einsetzen, hilft sparen.
Autor:innen
Pfarrerin Dr.in Maria Moser MTh
Direktion & GeschäftsführungDirektorin der Diakonie Österreich