Das war das 49. Martinstift-Symposion

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18. Oktober 2022
Unter dem Titel „Kein Alter Hut“ beschäftigte sich das 49. Martinstift-Symposion am 14. Oktober mit den Altersbildern von Menschen mit Behinderung. Fragen wie: Was heißt Teilhabe im Alter? Wie kann positive Beziehung in dieser Lebensphase gelingen und welchen Beitrag leistet dies zur Arbeitszufriedenheit der Begleiter:innen? Welche Unterstützungsangebote im Sozialraum braucht es dazu? und weitere Fragen wurden von namhaften Expert:innen beleuchtet und beantwortet. Mehr als 700 Teilnehmer:innen, Mitarbeitende aus dem Bereich der Behindertenarbeit, folgten der Einladung des Diakoniewerks ins Brucknerhaus in Linz.

Einstieg ins Thema Älterwerden

Das Altern fängt bei uns und mit uns an, ist die Dokumentarfilmerin und Autorin Dagmar Wagner, MA in ihrem Einstiegsvortrag überzeugt. Eine positive Einstellung zum Älterwerden erhöht den Mut und damit die Lust zu sozialer Teilhabe. Menschen mit einer positiven Haltung zum Alter leben demnach durchschnittlich 7,5 Jahre länger. Das Alter ist als weitere Lebensphase zu sehen, die es zu gestalten gilt – und dies trifft für Menschen mit und ohne Behinderung zu.

Ein realistischer Blick verändere die Vorstellungen des Sorgens, des Begleitens und der Teilhabe älterer Menschen. Wir benötigen ein Mehr an Achtsamkeit und Strukturen, die ermöglichen, unsere Verantwortung als Gesellschaft anzunehmen.

Zum unterschiedlichen Erleben der Lebensphase Alter

In der vertrauten Umgebung alt werden zu können, ist vor allem für Menschen mit Behinderungen wichtig, es erleichtert soziale Teilhabe. Prof. Friedrich Dieckmann betont, dass professionelle Assistenz und Kontakte im Sozialraum eine große Rolle spielen.

Dass Menschen mit Behinderung die Lebensphase Alter erleben und gestalten können, ist eine gesellschaftliche Errungenschaft, so Prof. Friedrich Dieckmann, Leiter des Instituts für Teilhabeforschung und Professor für Heilpädagogische Psychologie an der Katholischen Hochschule in Nordrhein-Westfalen. Direkt vergleichen könne man den Prozess des Alt-Werdens zwischen Menschen mit und ohne Behinderung jedoch nicht, da die Lebenslagen meist anders sind. „Menschen mit lebenslanger Behinderung haben beispielsweise ein kleineres soziales Netzwerk, waren nicht durchgängig oder gar nicht am ersten Arbeitsmarkt beschäftigt und hatten keine Möglichkeit, sich Vermögen anzusparen. Anderseits haben Menschen mit lebenslanger Behinderung im Alter meistens kein Problem, mit Unterstützung zurechtzukommen kommen,“ so Dieckmann. Obwohl sich die Lebenslagen und die Gestaltung des Alters von Menschen mit und ohne Behinderung unterschieden, können wir in der Begleitung voneinander lernen.

 „In der Seniorenarbeit spielen die Angehörigen eine viel größere Rolle, sie werden mit eingebunden. In der Arbeit mit Erwachsenen mit Behinderung wird dagegen die Unterstützung, die Angehörige leisten, oft nicht so prominent thematisiert. Umgekehrt hat bei Menschen mit Behinderung das Thema Teilhabe in der Gesellschaft und Beziehungsarbeit einen viel höheren Stellenwert als bei Menschen im Alter,“ so Dieckmann abschließend.

Demenz bei Menschen mit Behinderung begegnen

Menschen mit Behinderung, die an Demenz erkranken, haben andere Bedürfnisse – es braucht eine Pädagogik des Wohlfühlens neben dem Anspruch der Förderung und Entwicklung, die gerade in der Behindertenhilfe für die Mitarbeitenden Primärmotivation ist. Dipl.-Theol. Christian Müller-Hergl geht darauf ein, wie Kommunikation gut gelingen kann und welche Formen der Tagesgestaltung unterstützen können. Hinsichtlich Wohnformen spricht er von drei Optionen:

  • „Aging in place“: Personen können dort altern, wo sie bisher auch gewohnt haben
  • „Aging in place progession“: Personen ziehen in eine für sie vorbereitete Einrichtung und
  • „referral out“: Umzug in eine komplett andere Wohnform (zB Seniorenheim)

„Aging in place“ sei klar zu bevorzugen.

Müller-Hergl spricht sich zum Abschluss für die Zusammenarbeit von Behinderten- und Altenarbeit aus. Es brauche aber auch eine Anpassung der Finanzierungslogiken und eine Spezialisierung von Mitarbeitenden genau für dieses Arbeitsfeld.

Literatur spannt Bogen zum Alter

Nach der Mittagspause sorgten Ruth Oberhuber, Schauspielerin und Literatin der Kunstwerkstatt des Diakoniewerks, und Alfred Rauch, Schauspieler, Sänger und Kulturmanager, mit Texten der Literaturgruppe „Kunterbunt“ des Diakoniewerks für einen wunderbarem Bogen zum Thema „Alter“ – schön, berührend, lustig und lebensecht.

Texte der Literaturgruppe "Kunterbunt" zum Martinstift-Symposion 2022

In der abschließenden Podiumsdiskussion mit den Expert:innen wurde das 49. Martinstift-Symposion beschlossen.

Fazit: Teilhabe kennt kein Alter. Die aktive Gestaltung dieses Lebensabschnittes ist für alle wichtig. Für Menschen mit Behinderung braucht es dazu neue Konzepte der Begleitung, Orientierung an den individuellen Bedürfnissen und Aus- und Fortbildung für Mitarbeiter:innen.

Die Pausen wurden zum Netzwerken und Austausch genutzt. Lunchboxen, die mit Köstlichkeiten des Kulinarium Caterings gefüllt waren, sorgten für die notwendige Stärkung. Danke an alle für ihr Interesse und das Gelingen der Veranstaltung!

Hier geht es zu den Fotohighlights des Symposions.

Jetzt schon den Termin für das 50. Martinstift Symposion vormerken: 13. Oktober 2023