Diakonie an Sozialminister: Die Corona-Krise ist eine soziale Krise

  • Pressemitteilung
19. April 2021
Zum Amtsantritt von Wolfgang Mückstein: einen Sozialminister braucht es jetzt mehr denn je

Zum Amtsantritt von Wolfgang Mückstein: einen Sozialminister braucht es jetzt mehr denn jeAnlässlich des Amtsantritts des neuen Gesundheitsministers Wolfgang Mückstein verweist die Diakonie auf die soziale Dimension der Corona-Krise:  „Wie die Kosten der Corona-Krise verteilt werden, entscheidet darüber, ob es in den nächsten Jahren in Österreich mehr oder weniger Armut geben wird", so Diakonie Direktorin Maria Katharina Moser. Die Diakonie appelliert an den neuen Minister, über die unmittelbare Pandemie-Bekämpfung die sozialen Agenden nicht zu vergessen und "als Anwalt für Menschen mit wenig Geld und wenig Einfluss zu agieren. So wie der Wirtschaftsminister ein Anwalt für die Wirtschaft ist, und die Umweltministerin eine Anwältin fürs Klima, so soll der Sozialminister ein Anwalt für das Soziale sein - im eigenen Ministerium, aber auch in der Regierung, seinen Minister-KollegInnen gegenüber."



Dringender Handlungsbedarf: Existenz- und Wohnungssicherung



Als Bereiche, in denen der Sozialminister rasch und entschlossen handeln muss, nennt die Diakonie-Direktorin mangelnde Existenzsicherung und Wohnungslosigkeit.



Die neue Sozialhilfe ist nicht krisenfest. Das zeigt sich jetzt in der Corona-Krise besonders. „Es braucht eine gute Mindestsicherung statt einer schlechten Sozialhilfe, die in der Not nicht trägt", sagt Moser und fordert als ersten Schritt die Sanierung der dringendsten Probleme des Sozialhilfegrundsatzgesetzes. Von der Verschlechterung durch die „Sozialhilfe" sind beispielsweise Menschen in teilbetreuten Wohngemeinschaften, im Übergangswohnen sowie in psychosozialen Wohnheimen betroffen. Geringere Richtsätze für Erwachsene mit Kindern und Kürzungen des Lebensunterhalts bringen Familien an den Rand, und Hunderte sind aus der Krankenversicherung ausgeschlossen. Besonders dramatisch ist die Lage in Niederösterreich, wo nach Schätzungen der Diakonie 200-300 Frauen, Männer und Kinder, die humanitäres Aufenthaltsrecht haben, gänzlich aus der Sozialhilfe herausgefallen sind. „Es wurde schon viel zu lange zugewartet. Der Sozialminister und das Land NÖ müssen nicht nur eine Sofortlösung für die Betroffenen, die kein Geld für Miete und Essen haben und nicht krankenversichert sind, erarbeiten", so Moser.



Ebenso eine Sofortlösung brauche es, um die bevorstehende Delogierungswelle zu verhindern. Die Corona-Mietstundungen sind im März ausgelaufen.  Schätzungsweise könnten 48.800 Kündigungen und Räumungsklagen drohen, 17.000 könnten aus ihrer Wohnung fliegen - "und das, obwohl die Pandemie nicht vorbei ist", unterstreicht die Diakonie Direktorin. „Es braucht einen Wohnungssicherungs-Fonds, um Delogierungen zu vermeiden."



Baustelle Pflegereform



„Wir stehen am Anfang einer Pflegereform – die darf nicht abgesagt werden", nennt Moser als dritten Punkt, in dem sie den neuen Sozial- und Gesundheitsminister gefordert sieht. Und: „Wir brauchen eine wirkliche Reform. Es darf nicht um Quick-Wins gehen oder darum, an einzelnen Baustellen das eine oder andere zu sanieren, sondern es geht darum, eine vernünftige Gesamtarchitektur für die Pflegereform zu erarbeiten. Die Maßnahmen in den verschiedenen Bereichen – Personal, bedarfsgerechte Angebote, Unterstützung pflegender Angehöriger und Finanzierung – müssen sinnvoll ineinandergreifen." 



Als wesentliche Leitfrage für eine Pflegereform sieht die Diakonie die Bedürfnisse und Autonomie von Menschen mit Pflegebedarf. „Derzeit bestimmt 'das System' das Angebot an Pflegedienstleistungen. Betroffene können sich meist nur zwischen mobiler Hauskrankenpflege und Pflegeheim entscheiden, und allzu oft bleibt nur bleibt oft nur das Heim als Lösung." Das sei oft viel zu früh und diejenige Lösung, welche die Betroffenen nicht wollen und die volkswirtschaftlich die teuerste ist, so Moser abschließend.