Diakonie: Keine Verankerung des Verbots der Tötung auf Verlangen in der Verfassung

  • Pressemitteilung
21. Januar 2015

Was heißt „Recht auf menschenwürdiges Sterben"? Ethik-Institut der Diakonie stellt Argumentarium vor



„Hierzulande sind Tötung auf Verlangen und Suizidbeihilfe verboten. Und das ist gut so", betonte der Professor für Systematische Theologie an der Evang.-Theol. Fakultät Wien, Ulrich Körtner, bei einer Pressekonferenz der Diakonie Österreich im Vorfeld der 3. Sitzung der parlamentarischen Enquete-Kommission „Würde am Ende des Lebens". Das bestehende strafrechtliche Verbot in Verfassungsrang zu heben, hält der Ethiker jedoch für „keine gute Idee": „Ein Verfassungsgesetz würde nur die unter Ärzten und Patienten ohnehin schon bestehende Unsicherheit vergrößern, welches medizinische Tun oder Unterlassen als Verstoß gegen das Euthanasieverbot oder gegen das Verbot der Suizidbeihilfe zu beurteilen ist." Auf diese Weise würde womöglich das Patientenverfügungsgesetz ausgehöhlt werden.



Gleichzeitig unterstützt Körtner den Vorschlag, den die Diakonie Österreich bei der 1. Sitzung der Enquete-Kommission eingebracht hatte, rechtliche Lösungen für eine Entkriminalisierung der Suizidbeihilfe in extremen Einzelfällen zu suchen, ohne das bestehende Verbot gänzlich aufzuheben. Es könne Grenzfälle geben, bei denen sich ein moralisches oder juristisches Urteil von Außenstehenden verbietet. „Grenzfälle müssen aber Grenzfälle bleiben und sollten nicht auf gesetzlichem Wege zur Normalität erklärt werden", so Körtner.



Diese Position geht d’accord mit Stellungnahmen aus den Evangelischen Kirchen. In einem „Argumentarium" des neu gegründeten Instituts für öffentliche Theologie und Ethik der Diakonie (IöThE) ist nachzulesen, wie evangelisch-theologische Ethik die verschiedenen Formen der Sterbehilfe beurteilt. Und wie ihr Urteil einzuordnen ist in die verschiedenen Antworten auf die gesellschaftlich virulente Frage, was unter dem „Recht auf menschenwürdiges Sterben" zu verstehen sei. Das Argumentarium wurde ebenfalls bei der Pressekonferenz präsentiert und ist hier nachzulesen: http://diakonie.at/ethik.



Ztl.: Pflege und Hospiz – wichtige Arbeitsbereiche der Diakonie



Diakonie-Direktor Michael Chalupka betont dazu: „Pflege und Hospiz sind wichtige Arbeitsbereiche, in denen die Diakonie im Dienst am Nächsten handelt. Damit sie – in diesem Bereich, wie auch in allen anderen Bereichen – gut und richtig handelt, braucht Diakonie Reflexion. In ihrer Reflexion schöpft die Diakonie aus den Quellen der theologischen Ethik in evangelischer Tradition. Um die Bedeutung der theologisch-ethischen Reflexion zu unterstreichen, haben wir jetzt das Institut für öffentliche Theologie und Ethik der Diakonie gegründet."  Als Direktor des IöThE wird Univ.Prof. Ulrich Körtner fungieren.



Ein Ziel des IöThE sei es unter anderem, zu gesellschaftlichen Debatten über ethische Fragen beizutragen. Dabei gehe es nicht darum, so Chalupka weiter, „dass wir meinen, die ethische Wahrheit gepachtet zu haben und verkünden zu müssen. Wir wissen, dass unsere Stimme eine unter vielen ist. Es gibt heute keine zentrale Instanz, die für alle verbindlich festlegen könnte, was gut und was richtig ist. Und das ist gut so. Wir halten es für unsere Aufgabe als evangelische Christen und Christinnen, uns an der Meinungsbildung im demokratischen Staat zu beteiligen."



„Das Argumentarium zum Thema Sterbehilfe unterstützt seine Leser und Leserinnen darin, sich im Dschungel der komplexen Diskussionen und Argumente zu orientieren und ihr persönliches, wohl informiertes ethisches Urteil zu bilden", so die wissenschaftliche Referentin des IöThE und Autorin des Argumentariums, Maria Katharina Moser. Das IöThE wird in unregelmäßigen Abständen Argumentarien veröffentlichen, die jeweils ein ethisches Thema aufgreifen, das gerade in der Öffentlichkeit diskutiert wird.



http://diakonie.at/ethik