Diakonie: Österreich armutssicher machen!

  • Pressemitteilung
27. November 2018
Ziel der Mindestsicherung sollte sein: Kinderarmut reduzieren, Existenz und Chancen sichern.

Ziel der Mindestsicherung sollte sein: Kinderarmut reduzieren, Existenz und Chancen sichern.„Wir haben eine gute Konjunktur mit Spielräumen im Budget – jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um Maßnahmen zu setzen, die Armut reduzieren. Dass ausgerechnet jetzt über Einsparungen beim untersten sozialen Netz diskutiert wird, kann einen nur wundern", sagt die Direktorin der Diakonie Österreich, Maria Katharina Moser, zur bevorstehenden Präsentation der Reform von Notstandshilfe und Mindestsicherung. 





Die Mindestsicherung sei, wie der Name schon sage, dazu da, das Mindeste zu sicher, meint die Diakonie-Direktorin und verweist auf die durchschnittliche Lebenserwartung, die in Wien-Fünfhaus vier bis fünf Jahre niedriger sei als einige U-Bahnstationen weiter in Hietzing.



„Es geht im wahrsten Sinn des Wortes um die Existenz, und die muss in einem reichen Land wie Österreich für alle gesichert werden, egal wo ein Elternteil geboren wurde", so Moser weiter. „Das verlangt die Menschenwürde. Denn jeder Mensch ist wertvoll, und alle Menschen sind gleich viel wert. Soziale Grundrechte gehören zur Wertebasis, auf der unsere Gesellschaft steht."



Kinder ins Zentrum der Aufmerksamkeit



Zentral sei, bei den Kindern anzusetzen. „Kinder und Jugendliche, die in Haushalten mit niedrigem Einkommen aufwachsen, haben jetzt schon massive Nachteile, die in mehreren Bereichen sichtbar werden." Die Gefahr des sozialen Ausschlusses bei Kindern zeige sich in den geringeren Möglichkeiten Freunde einzuladen (10mal weniger als andere Kinder), Feste zu feiern und an kostenpflichtigen Schulaktivitäten teilzunehmen (20mal weniger).



Mindestsicherungs-BezieherInnen mit Kindern leben noch häufiger in schlechten Wohnsituationen. Desolates Wohnen wirkt sich besonders hemmend auf Bildungschancen und die Gesundheit der Kinder aus. „Feuchtigkeit, Fäulnis, Überbelag, dunkle Räume – wie sollen Kinder da gut und erfolgreich lernen?" fragt Moser. „Wir müssen Österreich armutssicher machen. Dazu braucht es eine Mindestsicherung, die Existenz und Chancen sichert bei Kindern, Behinderten und Kranken. Über zwei Drittel in der Mindestsicherung sind Kinder, Pensionisten, Kranke, Menschen mit Behinderung und Aufstocker," so Moser.



Soziale Unsicherheit und Abstiegsgefahr für untere Mittelschichten



 „Wer sein Leben lang gearbeitet hat, der hat nichts zu befürchten, heißt es in der Debatte um Notstandshilfe und Mindestsicherung immer. Jemand, der Mitte 30 ist und gerade eine Familie gegründet hat, schon?" fragt die Diakonie-Direktorin. „Ich denke an eine Mutter mit einem chronisch kranken Kind, das in einen unserer Diakonie-Kindergärten geht. Sie arbeitet geringfügig, weil mehr nicht geht mit der Betreuung ihres Sohnes, und bezieht Notstandshilfe. Nun würde sie nach den Regierungsplänen in die Mindestsicherung fallen. Das bedeutet für sie: Weniger Geld und keine Anrechnung auf die Pensionszeiten."



Die Vorschläge, die auf dem Tisch liegen, würden dazu führen, dass soziale Unsicherheit bis weit in die unteren Mittelschichten hoch getrieben wird. Die Umwandlung einer Versicherungsleistung in eine Fürsorgeleistung mit weniger Rechten sei ähnlich wie bei Hartz IV, weiß man bei der Diakonie. Die Elemente sind dieselben: keine Statussicherung, sondern Bedürftigkeitsprüfung, Zugriff auf Erspartes; keine Pensionszeiten; Einkommensverlust; keine Aktion 20.000 für ältere ArbeitnehmerInnen, dafür 1 Euro Job mit Zwangscharakter; Arbeitslosengeld bei Krankheit nicht verlängern. „Eine Fürsorgeleistung ist auch immer stärker mit Stigmatisierung und Abwertung verbunden als eine Versicherungsleistung", so Moser abschließend.