Diakonie zu Rechnungshofkritik: Inklusion muss im gesamten Bildungssystem Realität werden

  • Pressemitteilung
02. Februar 2019
Menschen mit Behinderung von Kindergartenalter bis zur Oberstufe und Universität gleichstellen

Menschen mit Behinderung von Kindergartenalter bis zur Oberstufe und Universität gleichstellenAls "Weckruf" bezeichnet Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser den aktuellen Rechnungshof-Bericht über inklusiven Unterricht: "Ich hoffe, die Bundesregierung folgt der Aufforderung des Rechnungshofs und macht sich umgehend daran, eine inklusive Bildungsstrategie vom Kindergarten über die Schulen und bis hin zu Fachhochschulen und Universitäten zu entwickeln. Die Diakonie vermisst eine solche seit Jahren. Mehr noch, wir beobachten schon länger Rückschritte in Sachen gemeinsame Bildung von Kindern mit und ohne Behinderung." 



Wie inklusiv ist Schule in Österreich?



Der Rechnungshof hatte in seinem vergangenen Freitag veröffentlichen Bericht "Inklusiver Unterricht: Was leistet Österreichs Schulsystem?" kritisiert, dass sich das Bildungsministerium in seiner Richtlinie zur Entwicklung Inklusiver Modellregionen (2015) auf die allgemein bildenden Pflichtschulen beschränkt, und dass im Regierungsprogramm (2017) die Sonderschulen weiterhin erhalten und sogar gestärkt werden. Kritik gab es auch an den unklaren Regelungen zur Finanzierung.



Inklusion in der Oberstufe mangelhaft



Aktuell sind zwei Drittel der rund 30.000 Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf ins Regelsystem integriert. Besonderen Handlungsbedarf sieht die Diakonie-Direktorin im Bereich der Oberstufe: "Vor acht Jahren hat die Diakonie am Montessori Oberstufenrealgymnasium Salzburg mit der Führung inklusiver Klassen begonnen. Das ist nach wie vor die einzige Möglichkeit in ganz Österreich für Kinder mit Behinderung, über die 9. Schulstufe hinaus die AHS zu besuchen. Für sie gilt ein eigener Lehrplan, der auf ihre Fähigkeiten zugeschnitten ist. Gerade Kinder mit Entwicklungsverzögerungen oder Lernschwächen brauchen länger, um Kulturtechniken wie lesen und schreiben zu erlernen. Wenn sie nach dem 16. Lebensjahr die Schule nicht weiter besuchen können, sinken bereits erworbene Fähigkeiten und Wissen mit der Zeit."



Zudem werde Österreichs einzige inklusive Oberstufe als Schulversuch geführt, so Moser weiter. "Es ist völlig unklar, ob es diese Möglichkeit weiter geben wird, wenn in wenigen Jahren Schulversuche in Österreich generell abgeschafft werden. Die inklusive Oberstufe muss so rasch wie möglich ins Regelschulsystem übernommen und die dafür nötigen Ressourcen müssen zur Verfügung gestellt werden."



Kindergarten und Nachmittagsbetreuung für Kinder mit Behinderung ausbauen



Raschen Handlungsbedarf sieht die Direktorin der Diakonie Österreich auch bei der Nachmittagsbetreuung von Kindern mit Behinderung und beim verpflichtenden Kindergartenjahr. "Es kann nicht angehen, dass Kinder mit Behinderung aus dem verpflichtenden Kindergartenjahr ausgenommen sind. Auch hier stehen wir vor einem Ressourcenproblem: Wenn das verpflichtende Kindergartenjahr auch für Kinder mit Behinderung gelten soll, müssen in ganz Österreich entsprechend räumlich und personell ausgestattete Kindergartenplätze zur Verfügung stehen. Hier kann und darf man nicht sparen. Die Rechte von Menschen mit Behinderung sind ein Seismograph dafür, wie ernst es uns ist mit der Menschenwürde aller."



Inklusion ist ein wesentlicher Eckpfeiler der UN Behindertenrechts-Konvention



Etwas mehr als zehn Jahre liegt es zurück, dass Österreich die UN-Behindertenrechtskonvention unterzeichnet hat. Diese wahrt und fördert die Rechte von Menschen mit Behinderung, Inklusion ist ein wesentlicher Eckpfeiler der Konvention. "Inklusiver Unterricht stellt das einzelne Kinder mit seinen Bedürfnissen und Fähigkeiten, seinem individuellen Tempo und Lernstil ins Zentrum. Dieser pädagogische Ansatz kommt allen Kindern zu Gute, unabhängig davon, ob sie eine Behinderung haben oder nicht", ist Moser überzeugt.