Verschärfung der EU-Asylregeln: Aushöhlung des Rechts auf ein faires Asylverfahren zu befürchten

  • Pressemitteilung
09. Juni 2023
Modell der Hotspots bleibt, und wird vermutlich weiter scheitern

"Durch die Schnellverfahren an der EU-Außengrenze wird das Menschenrecht auf ein faires Asylverfahren ausgehöhlt", kritisiert Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser den Kompromissvorschlag der EU-Innenminister vom Donnerstag. Die Anerkennungsquote von Grenzverfahren sei fünfmal niedriger als jene regulärer Asylverfahren. Und: „Es drohen gefängnisartige Lager an Außengrenzen.“

Einen Durchbruch oder gar historischen Schritt kann Moser nicht erkennen: „Diese Lösung erinnert stark an das Hotspot-Modell, das wir aus Griechenland kennen, und das schon einmal gescheitert ist. Das Konzept ist immer das gleiche. Wir fragen uns, warum soll das, was schon einmal nicht funktioniert hat, jetzt in abgewandelter Form funktionieren?“, so die Diakonie-Direktorin.

Das "Hotspot-Modell" ist gescheitert

  1. In den Hotspots an den EU-Außengrenzen hätten Schnellverfahren durchgeführt werden sollen. Diese wurden aber gar nicht oder nicht annähernd in der Zeit geführt, wie angekündigt.
  2. Andere Länder haben trotz verbindlichem Beschluss keine Menschen aus den Hotspots aufgenommen. Es gab aber für die Nichteinhaltung dieser Vereinbarung keine Sanktionen.
  3. Legale „Rückführungen“ aus diesen Hotspots in die Länder, aus denen die Geflüchteten zuletzt gekommen sind, waren und sind auch weiterhin kaum möglich, weil Gerichte diese Länder als nicht sicher eingestuft haben oder weil diese Länder die Menschen nicht zurücknehmen.

„Das Hauptproblem bis jetzt und auch weiterhin ist: Die EU-Staaten halten sich nicht an ihre eigenen Regeln, nach denen für jede Person ein in ein individuelles Asylverfahren durchgeführt werden soll. Stattdessen werden illegale Pushbacks immer mehr. Es steht zu befürchten, dass sich diese nicht hinnehmbare Situation weiter verschärft", wird Moser deutlich.

Kinder und Jugendliche dürfen keinesfalls haftähnlichen Bedingungen ausgesetzt werden

Der Asyl-Experte der Diakonie Österreich, Christoph Riedl, kennt die Situation in den Hotspots auf den griechischen Inseln aus eigener Anschauung: „Bei Lokalaugenscheinen habe ich Familien mit Babies und Kleinkindern im Hochsommer in der prallen Sonne sitzen gesehen. Es gab keine ausreichenden Hygienemaßnahmen, schlechte bis keine Wasserversorgung, keine ausreichende Versorgung mit Essen.“

Zumindest Familien mit Kindern und unbegleitete minderjährige Flüchtlinge müssen von den Schnellverfahren unter haftähnlichen Bedingungen ausgenommen werden. Für sie und andere vulnerable Personen fordert die Diakonie zum wiederholten Mal die Einrichtung humanitärer Korridore, um sichere Fluchtmöglichkeiten zu schaffen.

Ihre Ansprechperson zu dieser Pressemitteilung

Dr.in Roberta Rastl-Kircher
Pressesprecherin & Medienarbeit