Heilpädagogik: Bindungsförderndes Puppenspiel

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10. Februar 2021
Wie Sozialpädagog:innen der Diakonie mit Puppen heilpädagogisch arbeiten.

Im Garten des Diakonie Zentrums Spattstraße in Linz steht ein gelber Zirkuswagen. Drinnen spielen Sozialpädagog:innen und Kinder mit Handpuppen. Wie damit Stress reduziert und Sicherheit gefördert wird – und warum das Puppenspielen eine Herausforderung sein kann, erzählt Sozialpädagoge Daniel Gattringer im Interview.

Das Kind lernt im Spiel, dass die Bindungsfigur nicht mit Stress besetzt sein muss.

Daniel Gattringer, Sozialpädagoge

Herr Gattringer, was hat Puppenspielen mit Kindergesundheit zu tun?

Wenn wir mit den Kindern mit Puppen spielen, dann findet dabei ganz viel heilpädagogische Arbeit statt. Mit den Puppen können sich die Kinder Szenen und Beziehungen nähern, die bisher mit Stress oder Angst verbunden waren. Und das Wichtige: Sie lernen dabei spielerisch, wieder Beziehungen zu knüpfen und Vertrauen aufzubauen. Wir sprechen dabei auch von "symbolischer Interaktion."

Wie genau funktioniert das?

Unsere Kinder sind in schwierigen, traumatischen Umfeldern aufgewachsen. Sie mussten Verwahrlosung, Misshandlungen oder Missbrauch erleben. Das bedeutet auch, dass sie oft erlebt haben: Die Mama oder der Papa, die geben mir keine Sicherheit. Im Gegenteil, wenn es mir nicht gut geht oder ich ein Problem habe, und Mama oder Papa merken das, geht es mir noch schlechter.

Die Kinder haben gelernt, dass Beziehungen Stress auslösen?

Genau. Und sie gehen Beziehungen und bestimmten Situationen aus dem Weg. Und da kommen jetzt die Puppen ins Spiel: Hier kann ich zum Beispiel die Großmutter spielen. Und das Kind kann der Pepi sein. Die Großmutter gibt dem Pepi einen warmen Kakao. Sie fragt ihn: „Wie geht es dir, Pepi?“. Die Großmutter deckt den Pepi zu, damit er gut an einem sicheren Ort einschlafen kann.

Im Puppenspiel werden gute Beziehungen geübt?

Ja – und das Kind lernt im Spiel, dass die Bindungsfigur nicht mit Stress besetzt sein muss, sondern auch Fürsorge bedeuten kann. Dieses "Spielen" braucht aber viel Wissen, Erfahrung und Vorarbeit.

Wieso?

Manche Reaktionen der Kinder sieht man nur, wenn man genau hinschaut: Das kann ein leichtes Zucken mit der Hand sein, oder ein schneller Blick zur Seite. Um das zu erkennen, brauche ich Erfahrung. Und natürlich muss ich die Geschichte des Kindes kennen – damit ich verstehe, welche traumatischen Erfahrungen das Kind machen musste. So kann ich Zusammenhänge erkennen, manches bewusst nicht tun und auch Reaktionen im Puppenspiel besser verstehen.

Inwieweit werden Traumata im Puppenspiel bearbeitet?

Darum geht es hier nicht. Es ist wichtig, dass wir die Traumata der Kinder im Hinterkopf haben. Und wenn das Kind ein traumatisches Erlebnis ins Spiel einbringt, dann ist das in Ordnung und wir müssen behutsam damit umgehen. Aber Traumatherapie ist hier kein Ziel, das findet anderswo statt.

Wie schwierig ist es für Sie im Puppenspiel, nicht von Emotionen überrascht zu werden und die Fassung zu verlieren?

Das ist nicht immer leicht. Wenn das Kind im Puppenspiel auf einmal etwas sagt oder spielt, das mich berührt, muss ich darauf achten, dass ich selbst nicht zu viel Stress ausstrahle und aus der Ruhe komme. Das Puppenspiel kann manchmal sehr herausfordernd sein.

Das therapeutische Puppenspiel findet in einem "Zirkuswagen" im Garten statt. Warum?

Den Zirkuswagen haben wir fürs Puppenspiel gebaut. Er ist freundlich eingerichtet, mit gemütlichen, weichen Sesseln. Er hat einen kleinen Kamin und eine eigene Kommode mit den Puppen. Der Zirkuswagen ist eine sichere Umgebung und für das Kind gebaut. Und auch damit zeigen wir dem Kind: Du bist hier sicher, das ist deine Zeit, du kannst mir vertrauen, ich bin für dich da.

Therapieplätze ausbauen und Lücken schließen!

Kinder brauchen Hilfe, wenn sie mit ihrem Alltag und mit sich selbst nicht mehr zu Recht kommen.

Es gibt zu wenig kostenfreie Therapieplätze oder elendslange Wartezeiten.
Drum fordert die Diakonie: Diese Lücke muss geschlossen werden!

Lücken schließen. Therapieplätze für Kinder ausbauen.

www.diakonie.at/corona-kinder-unter-druck
 

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