Inklusion im Kindergarten: Individualität, Teamwork und viel Kreativität

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24. Januar 2024
Wie ein typischer Tag in einem integrativen Kindergarten aussieht, was die Herausforderungen sind und worin die Unterschiede zu anderen Kindergärten liegen. Ein Interview mit zwei Mitarbeiterinnen.

Irma Kempter-Elmecker und Eva Bernauer sind Mitarbeiterinnen im Integrativen- und heilpädagogischen Kindergarten Mühle der Diakonie in Gallneukirchen. Ihre Tätigkeit im Kindergarten empfinden sie als bereichernd und ihnen ist es ein besonderes Anliegen, die Bildungsangebote im Kindergarten so zu gestalten, dass sie möglichst individualisiert werden können und vielen Kindern – mit und ohne Behinderung – einen Zugang ermöglichen. Davon profitieren alle, wenn jeder auf seine Weise mitmachen kann und Spaß hat. Im Interview geben sie Einblicke in ihren Alltag und teilen, was sie an ihrem Beruf begeistert.

Irma: Jeder Tag ist anders, fordert uns und bringt neue Abenteuer! Unsere Tage sind sehr abwechslungsreich, auch wenn wir grundsätzlich einen ritualisierten Ablauf mit freien Spielphasen, einem Morgenkreis, einer gemeinsamen Jause und viel Zeit im Garten haben.

Eva: Für mich ist dabei die tägliche Jause besonders wichtig, anders als in anderen Kindergärten essen wir gleichzeitig in der Gruppe. Damit können wir auch beim Essen die Gemeinsamkeit spüren. Der Austausch über sensorische Erlebnisse beim Essen (Geschmack, Konsistenz,…) und auch die Struktur des „Jausen-Rituals“ (Tisch vorbereiten, gemeinsames Aufdecken, abzählen der Teller, Tischdekoration passend zur Jahreszeit,…) sind elementares Lernen, ermöglichen den Kindern das Verstehen und Nachvollziehen ihrer Umgebung und ihrer Lebenswelt. Damit legen wir den Grundstein, sich in einer sozialen Gruppe einzufinden und dies auch als sichere und anregende Umgebung wahrnehmen zu lernen.

Irma: Es gibt Bedürfnisse, die für alle Kinder gleich sind, egal ob mit oder ohne Behinderungen. Auch Kinder ohne Behinderungen brauchen Hilfestellung. Wir gestalten unsere Bildungsangebote so, dass sie individualisiert werden können und vielen Kindern einen Zugang ermöglichen. Davon profitieren hier alle, wenn jeder auf seine Weise mitmachen kann und Spaß hat.

Eva: Die Kinder profierten enorm voneinander. Die Sozialisation im Kindergarten ist ein essenzieller Part und schafft viele Möglichkeiten für gute Inklusion. Wir leben hier Inklusion, so richtig. Oft ist es auch so, dass z.B. Praktikant:innen auf den ersten Blick gar nicht erkennen, welches Kind einen Integrationsstatus hat. Für die Kinder ist klar: jede:r ist anders und das ist unsere Normalität. Jedes Kind bekommt das, was es für seine Entwicklung braucht.

Eva: Wir begleiten auch Kinder mit schweren Behinderungen, da kommt es auch manchmal zu Notfallsituationen. Letztes Jahr habe ich ein Kind bei einem epileptischen Anfall begleitet, das ist natürlich nicht einfach. Aber es geht darum, flexibel und empathisch zu sein – sich auf die jeweiligen Bedürfnisse einzustellen und darauf angemessen zu reagieren.

Irma: Manche Kinder zeigen ein sehr herausforderndes Verhalten, dabei ist es wichtig viel Geduld zu haben. Wir sind im guten Austausch mit den Kolleginnen und haben einen sehr wertschätzenden und offenen Umgang im Team. Gemeinsam tauschen wir uns über erzieherische und pädagogische Ziele und Wege aus und nehmen andere Meinungen und Feedback auch an. Jede von uns betrachtet Situationen aus einer anderen Perspektive und bringt wertvolle Ideen ein. Dieser Zusammenhalt im Team gibt uns auch in herausfordernderen Situationen Halt. Wir haben außerdem die Möglichkeit eine Supervision in Anspruch zu nehmen.

Eva: Hier ist alles möglich! Die Rahmenbedingungen für die Arbeit mit den Kindern sind sehr frei und es wird auch darauf geachtet, dass es auch mir gut geht. Ich fühle mich im Team und von den Vorgesetzten gehört, die Strukturen sind überschaubar und ich kann mich selbst entfalten.

Irma: Eva und mir ist ein freies, kreatives Gestalten und Arbeiten ein besonderes Anliegen. Mit der guten Ausstattung, vielseitigen Materialien, einer tollen Werkstatt und dem Naturgarten, können wir im Kindergarten Mühle abwechslungsreiche Projekte umsetzen, die neue Erfahrungen und Wahrnehmungen für die Kinder ermöglichen. Diese Selbsttätigkeit, die wir im Team hier erfahren und spüren, erleben auch die Kinder.

Eva: Auf die Kinder!

Irma: Und auf das Team natürlich! Besonders schön finde ich, wenn man den Kindern Impulse gibt und man sieht was daraus entstehen kann. Aus kleinen Bildungsimpulsen und dem richtigen „Futter“ für die Kinder kann sich vieles entwickeln, das ist das größte Geschenk.

Im Integrativen- und heilpädagogischen Kindergarten Mühle der Diakonie in Gallneukirchen werden aktuell 24 Kinder, davon 12 Kinder mit Behinderungen, in 2 Gruppen begleitet. Neben der Inklusion liegt ein Schwerpunkt des Kindergartens vor allem in der Wahrnehmungsförderung, dies ist für Kinder mit und ohne Behinderungen wichtig, um sich bestmöglich entwickeln zu können. Das engagierte Team, die offene Gestaltung der Räumlichkeiten und die besondere Ausstattung bieten den Kindern eine an die jeweilige Entwicklungsstufe angepasste Begleitung und Förderung.