Momente einer Fluchtgeschichte: Vom Ankommen und Kuchen essen

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28. Juni 2022
Die Geschichte einer Flucht hat viele Kapitel. Eines der Kapitel der Familie Litvinov handelt vom Abschied aus der Flüchtlingsunterkunft, in der sie sich bestmöglich aufgehoben fühlten.

Am 6. Juni 2022 schlägt die Familie Litvinov ein neues Kapitel auf. Abermals, denn alles in ihrem Leben hat sich verändert, seit in ihrem Heimatland, der Ukraine, der Krieg ausgebrochen ist. Seit drei Monaten sind sie in Rumänien, in Sicherheit. Aber hinter ihnen liegen Erlebnisse, die sich für immer in ihrer Erinnerung eingebrannt haben. „Russische Soldaten schossen auf Menschen, Lebensmittel wurden immer teurer und immer schwerer zu finden. Wir hatten große Angst!“, erinnert sich Familienvater Sergiy Litvinov, ein 37-jähriger Zahnarzt aus der Nähe von Charkiw. 

Gemeinsam mit seiner Frau Iulia, einer Hausärztin, ihren drei Kindern im Alter von 2 bis 8 Jahren und seiner Mutter Ludmilla verließ er am 5. März den Keller, in dem sie sich versteckt hielten. Die Situation war von Tag zu Tag schlimmer geworden. Inmitten der Kriegswirren trat die Familie die Flucht an. Sie kamen alle heil davon, nach zwei Tagen erreichten sie die Grenze zur Republik Moldau. Dann ging es weiter nach Rumänien.

„Die rumänischen Behörden waren sehr hilfsbereit“, erzählt Sergiy, „aber die größte Unterstützung bekamen wir von den Mitarbeitern von AIDRom“, setzt er fort, und die Dankbarkeit ist ihm ins Gesicht geschrieben. AIDRom, die lokale Partnerorganisation der Diakonie, versorgte die Familie seither nicht nur mit Essen und einer Unterkunft, sondern auch mit Rechtsbeistand, kulturellen Aktivitäten und Rumänischunterricht. 

Wir wollen nicht zurück in die Ukraine, wir wollen in Rumänien bleiben. Wir hoffen, dass unsere Abschlüsse anerkannt werden, damit wir hier arbeiten können.

Sergiy Litvinov, Familienvater und Zahnarzt

Nächstes Kapitel: Heute richtet sich Sergiys Blick nach vorne. Der Umzug in eine eigene Wohnung, in der die sechsköpfige Familie fortan gemeinsam in Bukarest leben wird, steht bevor. Der Asylantrag der Litvinovs war positiv beschieden worden. Mit dem Verlassen der Flüchtlingsunterkunft kann ein weiteres Kapitel ihrer Fluchtgeschichte abgeschlossen werden.

„Wir wollen nicht zurück in die Ukraine, wir wollen in Rumänien bleiben“, sagt Sergiy. „Wir hoffen, dass unsere Abschlüsse anerkannt werden, damit wir hier arbeiten können,“ erklärt der Familienvater, der bereits eine Stelle als Zahnmechaniker gefunden hat. In Zukunft möchte er aber gerne wieder als Zahnarzt praktizieren. „Auch die Kinder haben sich bereits gut eingelebt. Sie spielen, malen, spielen Fußball – und auch mit Kindern der nahegelegenen Schule haben sie sich bereits angefreundet“, erzählt Sergiy. 

Lächeln, Tränen und sogar ein Kuchen 

Die Stimmung in der Unterkunft von AIDRom drückt an diesem Tag zugleich Abschied und Neuanfang aus. Am unbeschwertesten sind die Kinder. Sie fühlen sich sichtlich wohl und sind das Abbild dafür, dass sie sich in der ersten schwierigen Zeit als Geflüchtete dennoch gut aufgehoben fühlten. Sie flitzen herum, spielen mit ihrer Mutter, wollen von Sergiy hochgehoben werden und rufen nach „Babuschka“, ihrer Großmutter. 

Als die Litvinovs aus Dankbarkeit und Anerkennung den Mitarbeiter:innen von AIDRom einen Kuchen überreichen, füllen sich dann doch einige Augenpaare mit Tränen. Es gibt Lächeln, Umarmungen und die Zusicherungen weiter in Kontakt zu bleiben. 

Die Litvinovs ziehen weiter und AIDRom setzt das Engagement in der Flüchtlingsarbeit fort. Tausende Vertriebene, so wie auch die Familie Litvinov, können und konnten auf die Unterstützung von AIDRom zählen. Aber bevor es wieder an die Arbeit geht, gibt es für die Betreuer:innen und die Litvinovs noch ein kurzes Innehalten. Der kunstvoll dekorierte Kuchen wartet darauf, angeschnitten und gemeinsam gegessen zu werden.

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