„Nichts über uns ohne uns“

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17. Dezember 2018
Wie Menschen mit Behinderungen in Lesotho darum kämpfen, selbstbestimmt an der Gesellschaft teilzuhaben.

Ein Beitrag von Martina Mathe

Die gesamte Fläche des kleinen Staates Lesotho  im südafrikanischen Bergland liegt mindestens 1200 Meter über dem Meeresspiegel, aus diesem Grund wird das Land auch häufig Königreich im Himmel genannt. Himmlisch ist eines in Lesotho auf jeden Fall keineswegs: die Chance auf gesellschaftliche Teilhabe für Menschen mit Behinderungen.

„Oft sind es die kleinen Dinge, die einen Unterschied machen“, weiß Nkhasi Sefuthi, Direktor der Brot für die Welt Partnerorganisation LNFOD (Lesotho National Federation of Organisations of the Disabled). „Kinder mit Behinderungen werden häufig nicht bei ihrem Namen, sondern nach ihrem Äußeren benannt. Das mag nach einer Kleinigkeit klingen, in Kombination mit anderen Hindernissen, wie fehlenden Rampen und Materialien, kann der Schulbesuch zu einer täglichen Qual werden“, folgert Sefuthi.

Eine Kampagne zielt darauf ab, inklusive Bildung zu fördern. Kinder, Lehrende und ebenso die Politik sind aufgefordert die Hürden in Angriff zu nehmen – sowohl Schranken im Kopf als auch bauliche Barrieren. Modellschulen wurden als Vorbilder geschaffen, staatliche Regelschulen sollen nachziehen. Gearbeitet wird in den Schulen nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern mit partizipativen Ansätzen, zum Beispiel durch interaktive Workshops, Schreibwettbewerbe oder Wissens-Quiz zum Thema Inklusion und Barrierefreiheit, mit der Möglichkeit Preise zu gewinnen.

Nichts über uns ohne uns!

LNFOD engagiert sich nach dem Grundsatz „Nothing about us without us“ für die Rechte von Menschen mit Behinderungen - durch  Lobbying, Zusammenarbeit mit Ministerien und parlamentarischen Ausschüssen ebenso wie dem Einsatz für inklusive Gesetzgebungen. Auf lokaler Ebene sollen Menschen mit Behinderungen gestärkt werden ihre Rechte selbst einzufordern und lokale EntscheidungsträgerInnen  darin gefestigt, die Wichtigkeit der Inklusion von Menschen mit Behinderungen zu erkennen.  

(Aus)Bildung von Menschen mit Behinderungen schafft die Basis für wirtschaftliche Selbstständigkeit und somit für ein selbstbestimmtes Leben. Kabelo (Name von Red. geändert) bietet heute stolz seine selbstgemachten Schuhe in der Gemeinde zum Verkauf an. „Endlich müssen wir nicht mehr in die Hauptstadt fahren um Schuhe zu kaufen“, ruft eine Frau beim Gemeindetreffen begeistert. Kabelo, der aufgrund einer körperlichen Beeinträchtigung Krücken zur Fortbewegung benutzen muss, hat mit Unterstützung von LNFOD  eine zweijährige Schusterlehre absolviert.

Jetzt hofft er auf einen kleinen Startkredit. Sein Business-Plan ist bereits erstellt und die Zielgruppe, für die er Schuhe herstellen will, ist groß: In der lokalen Grundschule sind Schuhe verpflichtender Teil der Schuluniform. Aber Gründerkredite zu bekommen ist gar nicht einfach, weiß Rabasotho, Projektkoordinator von LNFOD: „Sobald die Bank weiß, dass du eine Behinderung hast, bist du nicht mehr interessant als Kunde.“ LNFOD hat deshalb ein Unternehmensgründungsprogramm gestartet, das mit Startkapital und Beratung unterstützen soll. Hierfür werden noch dringend Mittel benötigt, damit der Traum vom selbstbestimmten Leben für viele Menschen wahr werden kann.