Schulassistenz: Aufmerksam, verlässlich und vielfältig

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20. August 2020
Kinder mit Behinderung bekommen in der Schule Unterstützung.

Es ist ruhig in der 2a. Die Kinder arbeiten konzentriert an den Aufgaben in ihren Heften. Klassenlehrerin Elke Forst hat gerade aus einem Buch vorgelesen. Schulassistentin Andrea Schwarz reagiert aufmerksam auf die Signale ihrer fünf Schützlinge. Sumaia erledigt ihre Aufgaben mit dem Computer. Die Schulbank der zarten Schülerin ist höher als die anderen Schulbänke in der Klasse. So kann sie, in ihrem Rollstuhl sitzend, gut arbeiten. Sumaia lebt mit Tetraplegie, einer Form der Querschnittlähmung, bei der sowohl Arme als auch Beine betroffen sind. Sumaia braucht Hilfe und hebt suchend den Blick. Schon kommt ihre Assistentin zu ihr. Die beiden verständigen sich leise und nach ihrer Erklärung lächelt die Assistentin ihrer Schülerin ermutigend und nickend zu.

Wenige Minuten später läutet die Glocke zur Pause. Die Kinder gehen zu ihren Schultaschen, die vor der Klasse ordentlich aufgereiht stehen. Sumaias Schultasche hängt am ihrer Schulbank. Andrea holt für Sumaia die Jause aus der Schultasche. Eine Klassenkameradin steht schon wartend hinter dem Rolli und schiebt Sumaia summend aus der Klasse zum Pausenbereich vor der Tür. Dort plaudern die Mädchen vergnügt und angeregt.

Turnen - geht das? Es geht!

Die nächste Stunde steht Turnen auf dem Programm. Auch da sind Sumaia und ihre Assistentin natürlich mit dabei. Während die Mitschüler:innen in Zweierreihe die Stiege hinuntergehen, fahren Sumaia und Andrea mit dem Lift. Im Foyer wechselt Sumaia vom Rollstuhl auf ihren Gehwagen. Im Turnsaal ist dem zarten Mädchen die Anstrengung im Gesicht anzumerken, ebenso wie den meisten MitschülerInnen. Hier gehört sie einfach dazu und dass sie mit ihrer Behinderung lebt, ist für sie ebenso selbstverständlich wie für ihre Klassenkamerad:innen. Andrea ist aufmerksam in der Nähe der Integrationskinder und unterstützend da, wo ihre Beeinträchtigung sie daran hindern würde, mitzumachen.

Klassenlehrerin Elke Forst und Sonderpädagogin Judith Kreiner sind sich einig: "Andrea Schwarz ist unsere Perle. Sie ist eine große Unterstützung in der Klasse. Sie nimmt wahr, welches Kind gerade Unterstützung braucht und was zu tun ist. Wir haben großes Glück mit unserer Schulassistentin." Die beiden Pädagoginnen bilden mit Schulassistentin Andrea Schwarz ein eingespieltes Team. Das ist spürbar. Sie verständigen sich leise und unaufgeregt. Mit Blicken und Gesten und über die Bankreihen hinweg sind sie aufmerksam miteinander verbunden und in Austausch. Es wirkt, als würden sie die entspannte Stimmung tragen, in der Kinder mit und ohne Behinderung hier in der Klasse mit Freude lernen und zusammen sind.

Und dann kam Corona

Die Corona-Krisenzeit hat dieser ruhigen und vertrauten gemeinsamen Lernatmosphäre an der Schule ein jähes Ende bereitet. Den Kindern hat die Schule gefehlt, der strukturierte Alltag, die Mitschüler:innen und die gemeinsamen Erlebnisse. Viele Eltern konnten zu Hause ihre Kinder nicht in dem Ausmaß unterstützen, in dem die Kinder das gebraucht hätten. Als die Schulen im Mai wieder geöffnet wurden, wurde die Klasse geteilt, um die Ansteckungsgefahr für die besonders gefährdeten Kinder zu reduzieren. Sonderpädagogin Judith Kreiner übersiedelte mit Sumaia, drei weiteren Integrationskindern und Schulassistentin Andrea Schwarz und in einen freien Raum der Nachmittagsbetreuung.

"Es war schön in der kleinen Gruppe zu lernen. Aber ich hoffe, dass wir im Herbst wieder alle gemeinsam in der Klasse sein können. Ich vermisse meine Freundinnen und ich möchte bei den anderen sein. Wir gehören zusammen." Auch die Kinder, die in der Klasse geblieben sind, vermissen ihre vier MitschülerInnen und freuen sich darauf, im Herbst wieder miteinander lernen zu können und sich einfach treffen zu können. "Auch die Kinder, die in der Klasse geblieben sind, vermissen ihre vier Mitschüler:innen, die gesondert unterrichtet wurden", erzählt  Schulassistentin Andrea Schwarz. Für sie ist das die Bestätigung dafür, dass Integration hier gelingt und Kinder mit Behinderung ganz selbstverständlich dazugehören.

Schulassistenz

Vor 30 Jahren wurden erstmals zwei Jungen mit Behinderung in einer Schule von einer schulfremden Person begleitet. Das war der Beginn der Schulassistenz. Kinder mit Behinderung bekommen in der Schule Unterstützung. Heute sind 540 Schulassistent:innen des Diakonie Zentrums Spattstraße in Schulen in ganz Oberösterreich im Einsatz. Andrea Schwarz ist eine von ihnen. Sie betreut fünf Kinder mit Behinderung bzw. Entwicklungsverzögerung an der Volksschule Ottensheim. Mit ihrer Unterstützung ist es möglich, dass die Integrationskinder hier einfach dazugehören und lernen können wie alle anderen auch.

Gute Schule ist bunt, vielfältig und inklusiv. Sie wird gemeinsam gestaltet. Sie fördert dort, wo Unterstützung gebraucht wird. Sie lässt Stärken wachsen.