Wer Hilfsmittel zur Kommunikation braucht, braucht einen langen Atem

  • Kommentar
02. Mai 2022
In Österreich sind 63.000 Menschen aufgrund von Sprachbehinderungen in ihrer Kommunikation beeinträchtigt. Ihr Zugang zu Information und Kommunikation ist eingeschränkt. Hilfsmittel zu bekommen ist nicht leicht.

Wenn Menschen mit Sprachbehinderungen Hilfsmittel zur Kommunikation brauchen, sind sie mit einem unübersichtlichen Dschungel an Formularen konfrontiert und mit einer langen Reihe von Stellen, wo sie um Finanzierung ansuchen können. Denn diese Hilfemittel sind teuer.

Kommunikations-Hilfsmittel, Assistierende Technologien: Um welche Geräte geht es?

Kommunikations-Hilfsmittel sind Produkte, Geräte, Ausrüstungen oder technische Systeme, die eingesetzt werden, um Behinderungen zu kompensieren. Sie können die Behinderung nicht „heilen“, aber können eine große Hilfe im Alltag darstellen. Zum Beispiel kann ein Rollstuhl Einschränkungen in der Mobilität ausgleichen. Und dann gibt es Kommunikationshilfen, die zum Beispiel Menschen mit Sprachbehinderungen dabei unterstützen zu kommunizieren.

Assistierende Technologien (AT) oder digitale Kommunikationshilfen sind Hilfsmittel, die die Ausdrucksmöglichkeiten eines Menschen verbessern. Das sind z.B. „sprechende Tasten“, Augensteuerungen, Sprachausgabegeräte oder Tablet-PCs. Und es können auch Hilfsmittel sein, die bei der Bedienung von anderen Geräten helfen, wie zum Beispiel eine Mundmaus oder spezielle Tastaturen, mit der dann ein Computer genutzt werden kann.

Assistierende Technologien dienen dazu, die Lebensqualität und Selbstbestimmung durch Barrierefreiheit zu verbessern. Wesentlich ist, dass Betroffene in die Entwicklung von Hilfsmitteln einbezogen werden. So kann es gelingen, dass die Geräte zu den Bedürfnissen der Menschen passen. (Weiterlesen: Welche Hilfsmittel gibt es eigentlich?)

Wie kommen Betroffene zum benötigten Hilfsmittel?

Der Weg zum passenden Hilfsmittel ist in Österreich kompliziert, unübersichtlich und langwierig:

  • Es existiert kein bundesweit einheitlicher Rechtsanspruch
  • Unterschiedliche Stellen auf Landes- und Bundesebene sind zuständig
  • Trotzdem werden die Kosten für das Hilfsmittel oft nur teilweise übernommen.

Da es keine zentrale Anlaufstelle gibt, ist der Weg zum Hilfsmittel für jede Person unterschiedlich. Manche gelangen über frühe Kommunikationsförderung, über Kindergarten oder Schule an Beratung, andere wenden sich an die Krankenkassen oder gelangen über die Beratungsstellen von LIFEtool zur benötigten Unterstützung.

Dass die Antragsstellung so komplex ist und meist lange braucht, stellt für Betroffene ein Problem dar. Jeder Tag, an dem Kommunikation nicht gelingt, ist einer zu viel. Mit dem Kauf des Hilfsmittels müssen die Betroffenen zumeist auf die Entscheidung der fördernden Stellen warten, da manche Stellen keinen Zuschuss gewähren, wenn das Hilfsmittel bereits angeschafft wurde. Aus diesem Grund kann die Entscheidung für die Betroffenen und ihre Angehörigen buchstäblich zu spät erfolgen, z.B. bei degenerativen und progressiven Krankheiten, bei denen die Symptome immer stärker werden.

Bis jetzt kein Rechtsanspruch auf Assistierende Technologien - Hilfe trotzdem möglich

Es gibt keinen österreichweiten Rechtsanspruch auf Assistierende Technologien. Betroffene erhalten seit 2009 Unterstützung beim VERBUND-Empowerment Fund der Diakonie bis die Lücke in der Finanzierung geschlossen werden kann.

Was muss sich ändern?

Die Diakonie fordert:

  1. Eine einheitliche Anlaufstelle für Betroffene
    Diese hätte den Vorteil, Beratung, Bereitstellung von Hilfsmitteln und Service zu bündeln. Weiters wäre es stark im Sinne der Betroffenen, wenn diese Stelle mit Behörden kommuniziert und sich um die Finanzierung kümmert. Kurz: Eine solche einheitliche Anlaufstelle könnte Betroffene von der teilweise unzumutbaren Bürokratie entlasten.
     
  2. Den Rechtsanspruch auf assistierende Technologien und kommunikative Hilfsmittel.
    Parallel zu einem Rechtsanspruch müsste auch die Finanzierung der Hilfsmittel gesichert werden. Betroffene könnten dann ihren Anspruch auf digitale Hilfen zur Kommunikation und assistierende Technologien geltend machen. Die Prozesse von der Beantragung bis hin zu dem Zeitpunkt, zu dem Betroffene das Hilfsmittel bekommen, wäre transparent und nachvollziehbar.