Start in den Beruf: Abschlussfest im BACH Bildungszentrum

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17. Juli 2025

Neue Perspektiven 

Das BACH Bildungszentrum in Mödling ist bereit für das große Fest. Der Innenhof ist mit bunten Luftballons geschmückt, Tische und Bänke sind aufgestellt, Blumen besorgt und ein Buffet bereit gestellt mit sommerlichen Gerichten aus den Heimatländern der Kursteilnehmer:innen. Die meisten sind geflüchtete junge Männer und Frauen aus Syrien, Afghanistan, Iran, Somalia oder aus der Ukraine, die hier in Österreich ihren Schulabschluss nachholen wollen.

Heute wird gefeiert, denn es ist das Ende des Kursjahres und alle gehen in die wohlverdiente Sommerpause. Dieser Kursabschluss ist aber mehr als nur ein gewöhnliches Ende. Mit dem Zeugnis in der Hand haben die Teilnehmer:innen einen wichtigen Grundstein für ihre berufliche Zukunft gelegt. Und genau das ist unbezahlbar – denn Bildung ist der Schlüssel zu neuen Möglichkeiten.

Gleichen Chancen im Bildungssystem

BACH setzt sich dafür ein, dass Geflüchtete und Migrant:innen die gleichen Chancen im Bildungssystem und am Arbeitsmarkt erhalten. Egal welches Alter und welche Ausbildungen sie im Heimatland absolviert haben, Geflüchtete müssen oft von nahezu Null auf beginnen, um sich in Österreich eine selbstbestimme Zukunft aufzubauen. Hier setzt das BACH Bildungszentrum an und bietet Alphabetisierungs- und Basisbildungskurse, Pflichtschulabschluss sowie Bildungs- und Berufsberatung.

Beim Abschlussfest bekommen die Teilnehmer:innen eine Bühne und viel Applaus für ihre Leistungen. Die Namen aller Absolvent:innen werden aufgerufen, um feierlich das Zeugnis entgegenzunehmen. Einer der besonders strahlt, während er die Bühne betritt, ist der 17-jährige Blend. Der syrische Kurde ist nun schon seit drei Jahren in Österreich, heute hält er seinen Pflichtschulabschluss in den Händen. Schnell hat er erkannt, wie wichtig der Pflichtschulabschluss ist, dass er aktiv mitarbeiten muss und den Unterricht nicht versäumen darf. Nur so kann er seine Zukunft gestalten. „Ich freu' mich sehr und bin stolz darauf, dass ich den Pflichtschulabschluss geschafft habe. Mit dem Zeugnis möchte ich mich bei einer Tischlerei in Wiener Neustadt bewerben und eine Lehre beginnen“, sagt Blend. 

Ich freu' mich sehr und bin stolz darauf, dass ich den Pflichtschulabschluss geschafft habe. Mit dem Zeugnis möchte ich mich bei einer Tischlerei in Wiener Neustadt bewerben und eine Lehre beginnen. 

Blend, Absolvent des Pflichtschulkurses im BACH Bildungszentrum

Vom Privileg zu Lernen

Nicht nur die Burschen, die sichtbar Freude auf der Bühne und mit dem Mikrofon haben, präsentieren heute stolz ihr Zeugnis in die Kamera. Auch die 20-jährige Farah (*) freut sich, ihr Zeugnis heute abzuholen. Sie ist mit ihrem drei Jahre jüngeren Bruder, im Altern von 18 aus dem Iran geflohen und hat große Hindernisse in Kauf genommen, um hier lernen zu dürfen. Sie weiß die Chance, die sie hier bei BACH bekommt, sehr zu schätzen und ist besonders ehrgeizig. Im Herbst möchte sie die Ausbildung zur Krankenpflegerin beginnen und dann bald arbeiten. Mit ihrer Haltung zieht sie andere Jugendliche mit und ist ein Vorbild, vor allem auch für ihren Bruder.

Bildung ist ein Schlüssel zu Unabhängigkeit

Rund 40 Prozent der BACH-Teilnehmer:innen sind weiblich. Geflüchtete Mädchen und Frauen haben es in vielen Fällen schwer, da sie aus tradierten Rollenbildern kommen. „Besonders bemerkenswert ist es, wenn Frauen Mitte 30, häufig mit Kindern und Betreuungspflichten, den Mut haben, ihren Schulabschluss bei uns nachzuholen. Sie verstehen, dass Bildung ein wichtiger Schritt zur Unabhängigkeit ist“, berichtet Einrichtungsleiter Pawel Serkowitsch, der seit fast 20 Jahren hier arbeitet. Begonnen hat er als Erwachsenenbildungstrainer, seit 12 Jahren ist es Leiter des BACH Bildungszentrums. Obwohl er nun seltener unterrichtet steht er seinen „Schützlingen“ weiterhin beratend und unterstützend zur Seite. Auch nach vielen Jahren macht er seine Arbeit immer noch mit großer Leidenschaft.

Eine Art Familie

Was besonders auffällt, ist die freundliche und wertschätzende Stimmung beim Fest, die in manchen Momenten fast familiär wirkt. Familie und freundschaftlicher Umgang, diese Aspekte sind vor allem für die minderjährigen, unbegleiteten Flüchtlinge sehr wichtig. Sie kommen ganz alleine nach Österreich und suchen hier Halt und Stabilität.

Einer, der ihnen auch viel Halt gibt, ist Marc Baumgartner, der pädagogische Leiter und Mathematiktrainer. Er ruft die Teilnehmer:innen nacheinander auf und gratuliert zu ihren Erfolgen. Die Übergabe der Zeugnisse ist ein besonderer Moment, der den Abschluss eines wichtigen Kapitels markiert. Dabei wird viel gelacht, es gibt Schulterklopfen und freundschaftliche Späße – voll Erleichterung und Stolz.

Unterricht bei BACH 

Die Unterrichtssprache ist in allen Kursen Deutsch. Wer erst grundlegende Kenntnisse lernen oder das Lesen und Schreiben üben muss, besucht die Basisbildungskurse, die nur drei Stunden täglich umfassen. Der Vorbereitungskurs zum Pflichtschulabschluss richtet sich hingegen an alle, die die 8. Schulstufe nachholen wollen. Voraussetzung sind gute Deutsch-, Mathematik- und Englischkenntnisse. Im BACH Bildungszentrum werden die Teilnehmer:innen gezielt auf die externen Prüfungen an einer Neuen Mittelschule vorbereitet. Der Kurs dauert etwa 10 Monate und findet täglich statt. Der Unterricht ist von 08:30 bis 14:00 Uhr.

„Was sind die größten Hürden?“ fragen wir Pawel. „Viele Teilnehmer:innen haben eine lange Flucht hinter sich und schwierige Erfahrungen gemacht. Einige sind traumatisiert, haben Probleme sich zu konzentrieren und strukturiert zu arbeiten. Deshalb ist es uns besonders wichtig, eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich alle wohl und sicher fühlen. Hier können sie gemeinsam lernen und wachsen, auch wenn es manchmal nicht einfach ist. Die Teilnehmer:innen meistern viele Herausforderungen, und wir legen großen Wert auf gegenseitigen Respekt und ein unterstützendes Miteinander.“

Durch Vorbilder lernen

Marc Baumgartner, der pädagogische Leiter, lädt immer wieder ehemalige BACH-Absolvent:innen ein, die von ihrer Ausbildung, ihrem Berufseinstieg und ihren Erfahrungen im Arbeitsleben berichten. So werden sie zu Vorbildern, sogenannten Peers, und motivieren die Nachfolgenden. Die Teilnehmenden entwickeln im Laufe der Kurse Perspektiven oder konkrete Berufsziele, wie zum Beispiel: Mechaniker:in, Tischler:in, Installateur:in und Krankenpfleger:in oder sogar Fußballtrainer:in.

Blend ist sichtlich erleichtert, als er sein Zeugnis in den Händen hält. Nach dem offiziellen Teil der Feier schnappt er sich das Mikro und legt gemeinsam mit seinen Freunden einen Rap-Contest hin. Die Texte handeln von persönlichen Erlebnissen, sozialen und politischen Themen, feiern Erfolge und prangern Missstände an. Genau das spricht die Jungen an – ihre Träume, ihre Ideen und ihre eigenen Geschichten spiegeln sich in der Musik wider.

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BACH Bildungszentrum Beratung / Bildungsangebote / Bildungsberatung / Deutschkurse / Pflichtschulabschlusskurse / Integrationsarbeit / Abschlusskurse für Jugendliche
Mödling