Majed pflegt Karoline mit Kompetenz und „Schmäh“
- Story
Hoffnungsträger Majed begleitet Hoffnungsträgerin Karoline seit 2020
Karoline erzählt: „Ich wohne im Diakoniezentrum Oberwart. Der Majed und ich, wir waren ein Team. Genervt hat er mich eigentlich nie – außer, wenn er den ganzen Tag das Lied ‚Fliege mit mir in die Heimat‘ gepfiffen hat. Dann habe ich mir die Fernbedienung geschnappt und ORF 2 geschaut. Und ich spiele auch gerne Schnapsen im Erdgeschoss. Ein bisserl Schummeln gehört dabei dazu.
Hoffnung bedeutet für mich: gesund bleiben und dass die Kinder gesund bleiben. Die Hoffnung geben wir nie auf, [singend]: ‚Gib die Hoffnung niemals auf, was auch kommt in deinem Leben…‘.“
Majed und Karoline: Ein Team
Majed erzählt: „Frau Koller und ich hatten schon Schmähs, die nur wir beide verstanden haben. Das Schnapsen hat sie mir immer noch nicht beigebracht. Sie ist dabei eine Profischummlerin.
Wenn ich im Dienst war, bin ich in der Früh als zweites Zimmer zur Frau Koller gegangen, weil ich weiß, dass sie immer zeitig aufsteht. Manchmal war sie so schnell, dass ich fast keine Arbeit mehr hatte. Aber ich wusste auch um die Einschränkungen. Als Pflegeassistent habe ich sie über den Tag auf vielfältige Weise unterstützt: beim Anziehen, beim Essen und mit den Medikamenten.
Majeds Weg: Von Syrien ins Südburgenland
Mein Weg in das Pflegeheim der Diakonie im Südburgenland begann 2015 mit meiner Flucht aus Syrien und hat mich über Traiskirchen ins Burgenland geführt. Da habe ich die Pfarrerin in Oberwart kennengelernt. Weil ich damals noch nicht wusste, was ich beruflich machen will, fragte sie mich, ob ich nicht in einem Altenheim schnuppern möchte. Ich wusste gar nicht, was mich erwartet. Aber aus einem ersten Tag sind schließlich Jahre geworden.
Ausbildung zum Diplom-Krankenpfleger
Ich habe die Ausbildung als Pflegeassistent gemacht, wenn auch mit einigen Hürden. Bei der Bewerbung wurde ich ständig gefragt, warum ich nicht einfach den Stapler-Schein mache. Naja. Jetzt blicke ich auf viele Jahre im Diakoniezentrum zurück und habe gerade mein Diplom abgeschlossen!
Bald beginne ich auf der Dialysestation eines Krankenhauses zu arbeiten. Ich freue mich sehr auf diese neue Aufgabe – aber die Zeit im Diakoniezentrum und die Menschen dort, wie Frau Koller, werde ich nie vergessen.
Wir können von alten Menschen viel lernen. Als ich mich von Frau Koller verabschiedet habe, hat sie gesagt: ‚Das Leben geht immer weiter!‘ Ich finde, das ist wahr! Damals, als ich fliehen musste, habe ich meine Heimat und viele Freunde zurückgelassen. Aber ich habe eine neue Heimat und neue Freunde gefunden. Hoffnung bedeutet für mich, offen in die Zukunft zu blicken.
Wir müssen den alten Menschen Respekt entgegenbringen
Mir war immer wichtig: Die Menschen können nichts für ihre Erkrankungen. Wir müssen ihnen Respekt entgegenbringen. Wir dürfen sie nie abwerten, nur weil sie vergesslich sind oder körperlich schwach. Sie haben viel geleistet und Österreich aufgebaut. Jetzt brauchen sie Unterstützung, und ich bin gern für sie da. Das war mir immer wichtig – bei der Arbeit mit den alten Menschen im Diakoniezentrum und auch in Zukunft. Die Dialysestation habe ich gewählt, weil ich dort meine Fähigkeiten aus meiner neuen Ausbildung gut einbringen kann – und weil ich auch dort auf die Menschen eingehen und zu ihnen eine Beziehung aufbauen kann. Die beste Therapie ist eine, wo du die Patient:innen auch als Menschen wahrnimmst.
Die Bewohner:innen waren nicht meine Patient:innen, sie waren meine Lehrer:innen
Die Bewohner:innen waren nicht meine Patient:innen, sie waren meine Lehrer:innen, ich hab so viele Wörter von ihnen gelernt. Tachinieren, zum Beispiel. Oder hinter mir die Sintflut. Oder Schaß mit Quasteln. Es war gegenseitig, das Lernen und das Helfen.
Was mir bei meiner Arbeit besondere Freude macht? Wenn du siehst, wie die Leute lachen, und wenn du die Leute zum Lachen bringst – das ist wirklich etwas Wertvolles. Menschen brauchen Kontakt und Schmäh!
Keine Frage, es gibt auch ernste Themen und traurige Momente. Auch die habe ich in meinem Beruf kennengelernt. ‚Manchmal muss man mal ein bissl ernster sein‘, finden manche. Aber ich sehe das anders: Humor kann nicht alle Probleme lösen, aber Humor hilft immer!
Eine Bewohnerin hat einmal gesagt: „Sie sind ja kein Pfleger, Sie sind ein Kasperl.‘
Lachen ist ja gesund, meiner Meinung nach, die reine Medizin.“
Majed begleitete Karoline seit 2020.
Was muss passieren, damit Menschen im Alter wie Karoline gute Pflege bekommen und Fachkräfte wie Majed gut pflegen können?
Wie Karoline brauchen 470.000 Menschen in Österreich Pflege und Betreuung. Sie können meistens nur zwischen mobiler Hauskrankenpflege und Pflegeheim wählen. Andere Formen der Unterstützung gibt es nicht in ganz Österreich. Das System bestimmt das Angebot, nicht der Mensch mit seinen Bedürfnissen. Die entscheidende Frage für eine Reform lautet: Wie willst du mit Pflegebedarf leben?
Als Diakonie setzen wir dafür ein, dass die Bedürfnisse von Menschen mit Pflegebedarf im Mittelpunkt stehen. Jede Person soll bekommen, was sie braucht: von Kurzzeitpflege oder mobiler Hauskrankenpflege über stundenweise Betreuung zu Hause oder Tageszentren bis zur professionellen Pflege im Pflegeheim.
Pflege und Betreuung ist eine erfüllende Arbeit, das zeigt auch die Geschichte von Majed. Doch Pflegekräfte stehen stark unter Druck. Daher richtet sich die zweite wichtige Frage für eine Reform an Pflegefachkräfte: Wie willst du pflegen? Die Antwort von Pflegekräften aus der Diakonie lautet fast immer: „Wir brauchen mehr Zeit, um uns den Menschen zu widmen.“ Und: „Es geht nicht nur um warm, satt, sauber. Das Soziale ist mindestens genauso viel wert.“
Als Diakonie setzen wir uns dafür ein, dass es mehr Personal gibt und die Personalschlüssel angehoben werden. Auch ein stabiler Dienstplan und Entlastung durch Entbürokratisierung und Digitalisierung sind wichtig.
Hoffnung braucht dein Ja
Gerade in Zeiten von Krisen möchte die Diakonie das weitergeben, was ermutigt und trägt: Hoffnung. Hoffnung ist wie ein Lächeln – sie steckt andere an.
Lassen auch Sie sich anstecken und lernen Sie unsere Hoffnungsträger:innen kennen!