Wissenswertes zum Thema Pflegegeld

  • Analyse
15. April 2024
Anspruch auf Pflegegeld hat, wer für vorraussichtlich mindestens 6 Monate einen Pflegebedarf von mindestens 65 Stunden pro Monat hat. Das Pflegegeld ist eine zentrale Unterstützungsleistung für solche Situationen. Doch falsche Informationen und Zugangsschwellen halten sich hartnäckig und erschweren den Zugang zum Pflegegeld. Dieser Beitrag hilft Ihnen am Weg dorthin.

Das Pflegegeld ist für Menschen mit Pflegebedarf eine große Hilfe, um ihren Alltag mit Pflege und Betreuung zu bewältigen. Es ist in 7 Stufen gegliedert, die nach dem zeitlichen Aufwand bzw. einem spezifischen Pflegebedarf berechnet werden.

Eine wichtige Neuerung in den letzten Jahren waren die lang geforderte Valorisierung (Anpassung an die Inflation), und dass jetzt auch Pflegepersonen (bisher nur Ärzt:innen) die nötigen Pflegegeld-Gutachten durchführen.

Zeit für eine Verjüngungskur 

Das Pflegegeld gibt es seit über 20 Jahren. Nach dieser langen Zeit ist das System aber in die Jahre gekommen und bedarf einer kräftigen Verjüngungskur. Wesentlich wäre ein Umdenken seitens der Politik, damit Menschen mit dem Pflegegeld nicht nur verlorene Fähigkeiten ausgleichen, sondern ihre Selbständigkeit und Gesundheit möglichst gut erhalten können. Dafür müsste nicht nur erhoben werden, wieviel Unterstützung jemand braucht, sondern es müsste auch Geld für Vorsorge (z.B. Physiotherapie, Gedächtnistraining etc.) geben. 

Falschinformationen als Zugangshürde

Wichtig ist jedenfalls, dass der Zugang zum Pflegegeld einfach und niederschwellig gestaltet wird: durch einfache, korrekte Informationen und Beratung bei der Vorbereitung auf die "Begutachtung", bei der der Pflegeaufwand (in Stunden) erhoben wird. Daraus ergibt sich später die Pflegegeld-Stufe.

Hier sind einige Annahmen zusammengefasst und richtiggestellt, bzw auch mit wichtigen Hinweisen versehen. Diese Informationen können Ihnen auf dem Weg zum Pflegegeld-Gutachten helfen.

Häufige Irrtümer rund ums Pflegegeld:

Das ist nicht richtig:  Auch wenn das Pflegegeld als Unterstützung definiert ist, die einen Teil der Pflegekosten abdecken soll, ist ein Zukauf von Leistungen keine Voraussetzung. 

Bewertet wird lediglich das Ausmaß an Unterstützungs- und Pflegebedarf (in Stunden pro Monat). Egal, wie diese Unterstützung organisiert ist, steht Ihnen nach einem positiven Gutachten das Pflegegeld in der jeweiligen Stufe zu. Es wird nicht überprüft, wofür Sie das Pflegegeld ausgeben. Allerdings ist es sehr sinnvoll, mit dieser Zuwendung möglichst früh Entlastung und professionelle Unterstützung einzukaufen. So können Angehörige sich besser erholen und die Selbständigkeit der zu pflegenden Person länger gefördert werden. 

Das ist zwar ehrenhaft, aber es geht ja darum, dass das Pflegegeld einen Beitrag zu einem würdevollen Leben auch mit Einschränkungen leistet, und zu einer guten Versorgung beiträgt.

Wenn man damit z.B. Therapiestunden (Ergotherapie, Physiotherapie, Gedächtnistraining) zukauft, arbeitet man aktiv daran, länger selbständig zu bleiben. Somit kann man einen höheren Betreuungsaufwand hinauszögern. Und wenn durch externe Pflege die Angehörigen entlastet werden, leistet man einen Betrag für deren Wohlergehen. Auch das kann helfen, später höhere Pflegekosten zu vermeiden.

Pflegegeld zu beziehen kann also das Staatsbudget sogar schonen!

Das ist falsch. Die Fahrtüchtigkeit hat nichts mit dem Pflegegeld zu tun und wird von den Gutachter:innen nicht beurteilt. Sie geben ihre Informationen auch an keine anderen Stellen weiter.

Vielleicht ist aber das Pflegegeld gerade eine Möglichkeit, auf das schon sehr mühsame Autofahren zu verzichten und andere Fahrtmöglichkeiten zuzukaufen. Das kann auch Kaffeegeld für die Nachbarin sein, die einen mitnimmt.

Wer sich im Straßenverkehr nicht mehr wirklich fit fühlt, sollte jedenfalls nach Alternativen suchen. Immer mehr Gemeinden bieten auch ehrenamtliche Fahrtendienste an. 

Das ist leider oft richtig. Bei der Begutachtung wird sehr genau erhoben, was jemand nicht mehr selbst kann. Das ist eine Situation, die Menschen leicht „ins Eck treibt.“ Sie verletzt den Stolz, sie zeichnet ein Bild von Versagen und Hilflosigkeit.

Auch wenn man vorher alles gut besprochen hat, kann das dazu führen, dass sich heftiger Widerstand regt. „So schlecht geht es mir ja noch gar nicht.“ Dann werden Mängel vertuscht und Hilfsbedarf verleugnet. Die Gutachter:innen müssen dann bewerten, was stimmt. 

Wenn man genaue Aufzeichnungen führt, und eventuell einen Arztbrief, Diagnosen, etc. zur Hand hat, tut man sich beim Begutachtungstermin leichter.

Und man kann unterstützen: „Das klingt jetzt dramatisch. Vielleicht bemerkst du nicht alles, was wir für dich erledigen. Und du machst vieles noch wirklich gut. Aber für einiges brauchst du eben auch Hilfe. Das ist eben so, da bist du nicht allein.“ Immerhin nimmt eine halbe Million Österreicher:innen diese Unterstützung in Anspruch! 

Das ist zwar richtig, aber nicht ganz einfach.

Es gibt einen Erschwerniszuschlag (45 Stunden pro Monat) „bei Vorliegen einer schweren geistigen oder schweren psychischen Behinderung – insbesondere einer demenziellen Erkrankung.“

Aus der Praxis wissen wir, dass es nicht ganz einfach ist, diesen Zuschlag auch zu erhalten. Die Zusatzbelastungen müssen genau und nachvollziehbar geschildert werden. Eine Demenzdiagnose oder Hinweise auf Vergesslichkeit reichen nicht aus. 
Der Zuschlag gilt für sogenannte „pflegeerschwerende Faktoren“, die eine „schwere Verhaltensstörung“ zur Folge haben. Um diese auch gut beschreiben und belegen zu können, sollten Sie sich unbedingt von Expert:innen beraten lassen. Diese wissen, welche Umstände, welche Situationen und Handlungen hier berücksichtigt werden. 

Aufzeichnungen helfen bei der Begutachtung

Eine wichtige Empfehlung: Machen Sie sich über 2-3 Wochen vor dem Begutachtungstermin möglichst viele Aufzeichnungen. Führen Sie einen ganz genauen Kalender darüber, welche Aufgaben und welche Beaufsichtigung die Person im Alltag benötigt. Diese ausführlichen Aufzeichnungen helfen bei der Begutachtung, und wenn Sie von Ihrem Alltag mit der zu betreuenden Person erzählen, dass Sie auch nichts Wichtiges vergessen.

Wir empfehlen!

Machen Sie vor der Antragstellung ein Vorbereitungsgespräch mit einer Pflegeberater:in oder Community Nurse.

So kennen Sie vorab schon die „Logik“ des Verfahrens und können die Situation auch mit der richtigen Formulierung schildern.

Mehr rechtliche Details finden Sie hier: https://pflege.gv.at/pflegegeld

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