Aufwachsen mit dem Lebensgefühl Krise

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14. Juni 2022
Die Pandemie und die jetzigen Teuerungen verlangen Familien viel ab. In einer Pressekonferenz hat das Diakonie Zentrum Spattstraße auf die Situation von Familien hingewiesen und Unterstützungsangebote vorgestellt.

Die Folgen von zwei Jahren Pandemie für Kinder und Jugendliche sind enorm. Das Diakonie Zentrum Spattstraße hat daher gemeinsam mit der Telefonseelsorge der Diözese Linz, dem Elterntelefon und der Union Höherer Schüler OÖ auf die schwierige Situation von Eltern und Jugendlichen eine Pressekonferenz abgehalten. Wie Familien geholfen wird und welche Herausforderungen Kinder und Eltern derzeit zu meistern haben, waren die Themen. Geschäftsführerin Andrea Boxhofer stellte spezifische Angebote der Diakonie vor. 

Schatzkiste

Die Schatzkiste in der Wienerstraße 260 in Linz ist im September 2021 eröffnet worden. Von Montag bis Freitag werden hier tagsüber Mütter mit Babys und Kleinkindern betreut. Die Familien werden von der Kinder- und Jugendhilfe zugewiesen, weil sie den Alltag zuhause allein nicht so schaffen können, dass das Kindeswohl gesichert ist. Die Coronazeit war auch hier für alle Beteiligten eine große Herausforderung. Denn es ist sehr problematisch, wenn Familien, die schon im normalen Alltag nicht ohne Unterstützung auskommen, dann auch noch krank und völlig auf sich gestellt sind.

Unsere Mitarbeiter:innen haben versucht, telefonisch möglichst viel Kontakt mit den Familien zu halten, um damit Beratung und Unterstützung zu geben. Es war auch schwierig, in der Gruppe eine haltgebende Struktur aufrecht zu erhalten, da jeden Tag wieder jemand ausfiel und ständig improvisiert werden musste. In einigen Fällen bemerkten wir nach der Rückkehr schon deutliche negative Verhaltensänderungen bei den Kindern, die wir auf die Quarantänezeit zurückführen. Die Mütter waren meist heilfroh, wieder kommen zu können. Trotzdem war es auch für manche der Frauen schwierig, sich wieder zu organisieren und in den Alltag in der Schatzkiste hineinzufinden.

Sozialpädagogische Familienbetreuung - Flexible Hilfen

Die Sozialpädagogische Familienbetreuung des Diakonie Zentrum Spattstraße schafft Voraussetzungen für eine gesunde Entwicklung der Kinder und Jugendlichen in ihrer Lebenswelt. Auch in diesem Umfeld gab es in der Coronazeit viele zusätzliche Schwierigkeiten zu meistern. Ein Beispiel einer Familie aus dem Bereich „Flexible Hilfen“ zeigt, dass sich die vermehrten Preissteigerungen in der Coronazeit - vor allem was Strom und Gas betrifft - sehr stark auswirken. So erging es einer alleinerziehenden Mutter. Immer wieder kamen neue Schriftstücke vom Gasbetreiber über steigende Preise. Die erhöhten Zahlungen konnten nicht mehr geleistet werden und so wurde der Familie schließlich das Gas abgedreht. Gemeinsam mit Sozialarbeitern und Diakonie Zentrum Spattstraße konnte finanzielle Unterstützung geleistet und eine Delogierung verhindert werden.

Der jungen Mutter wuchs die finanzielle Situation über den Kopf, die Coronasituation belastete sie zusätzlich, da sie sich mit ihrem zweijährigen Sohn allein zu Hause sehr isoliert fühlte. Die sprachliche Entwicklung des Kindes hat in der Coronazeit stark gelitten. Keine Spielplatzbesuche, keine anderen Kinder, keine sozialen Kontakte. Der Bub ist heute sehr damit überfordert, wenn er zu Menschenansammlungen kommt, weil er das einfach nicht gewohnt ist und noch nie erlebt hat. Gemeinsam wird jetzt daran gearbeitet, dass der Kleine all das aufholen kann, was in der Coronazeit nicht möglich war. Er hat nun einen Platz in einer Krabbelstube und bekommt eine logopädische Therapie, die ihm beim Spracherwerb und beim Aufbau von Kommunikationsstrukturen unterstützt.

STARTup

Das Diakonie Zentrum Spattstraße bietet auch Unterstützung für Familien und Jugendliche direkt in ihrer Wohnumgebung. Mit STARTup Living, werden in betreuten Familienwohnungen in Linz Familien unterstützt und begleitet. Eine Wohnung wird zur Verfügung gestellt und dabei geholfen, ein Netzwerk an tragfähigen Beziehungen aufzubauen. Ein Beispiel einer Familie aus Ungarn zeigt hier auch deutlich die Auswirkungen der Pandemie: Der fehlende Kontakt zu anderen Kindern machte einen Jungen komplett „handysüchtig“. Er baute sich sozusagen ein „virtuelles Leben“ auf und wollten auch dann die Wohnung nicht mehr verlassen, als es wieder möglich gewesen wäre. In der Coronazeit hat der Bursch auch recht viel zugenommen und angefangen sich deswegen zu schämen. Persönliche Kontakte zu Verwandten waren für die ungarische Familie lange Zeit auch nicht möglich, da die Ein- und Ausreise an der Grenze immer problematisch war. Die Pandemie hat für ausländische Familien/Menschen vielleicht noch mehr negative Auswirkungen als oft bewusst ist. Für diese Familie ist derzeit auch das Thema „Ukraine-Krieg“ sehr nahe, da die restliche Familie in Ungarn nur rund 100 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt lebt.  

Familienberatung

Die Familien- und Erziehungsberatung des Diakonie Zentrum Spattstraße unterstützt Eltern bei Fragen rund um die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Auch Paar- und Familienthemen gehören zum Beratungsspektrum. In der Familienberatung gab es immer wieder Fälle von Kindern, die nach der coronabedingten Homeschooling-Zeit nicht mehr in die Schule gehen wollen. In den Familien selbst zeigt sich jetzt nach zwei Jahren Pandemie, dass sich das ständige Zusammensein im eigenen Zuhause so auswirkte, dass sich manche Eltern/Paare nun trennen. Die Coronazeit war für Beziehungen und für das Familienleben generell sehr herausfordernd. Konflikte gibt es immer, die zusätzlichen coronabedingten Belastungen verstärkten dann noch so manche Problemsituation.   

Mobiles Familiencoaching

Viele Eltern, Kinder und Jugendliche wünschen sich gerade jetzt Unterstützung. Es tut gut, mit einer erfahrenen, außenstehenden Person in Ruhe reden zu können. Das Mobile Familiencoaching des Diakonie Zentrum Spattstraße richtet sich gezielt an Familien, die im Innviertel leben. Vieles hat aktuell mit den Auswirkungen der Coronazeit zu tun, unter denen Kinder und Jugendliche besonders leiden. Die Pandemie hat dazu geführt, dass sich vor allem auch junge Menschen immer mehr zurückziehen. Aus Angst sperren sie sich in ihr Zimmer ein und fühlen sich einsam und hilflos. Das Mobile Familiencoaching hilft.