Was ist der demografische Wandel? Wie ist das österreichische Pflegesystem aufgestellt? Wie viele Prozent des BIPs fließen in den Pflegebereich? Diese Seite gibt einen Überblick über die wichtigsten Zahlen und Fakten zu Alter und Pflege.

Lebenserwartung, demografischer Wandel und Pflegefinanzierung

Wenn es um Pflege geht, kommt häufig als erstes die Frage nach den Kosten. Im Vordergrund sollte aber die Frage nach einem guten Leben – auch für Menschen mit Pflegebedarf - stehen. Trotzdem ist es interessant, einen volkswirtschaftlichen Blick auf die Pflege zu werfen.  

Das österreichische Pflegesystem ist steuerfinanziert. Das bedeutet, dass ein Teil der Steuereinnahmen zur Finanzierung der Langzeitpflege verwendet wird.  

In Österreich flossen 2019 ca. 1,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die Langzeitpflege. Das entspricht 7,2 Mrd. Euro.  

Österreich liegt damit leicht über dem europäischen Durchschnitt (1,7 Prozent) und über Deutschland (1,6 Prozent). Die europäischen Länder, die den höchsten Anteil des Bruttoinlandsprodukts für die Langzeitpflege ausgeben, sind die Niederlande (3,7 Prozent), Dänemark (3,5 Prozent) und Schweden (3,3 Prozent).  

Aufgrund des demografischen Wandels ist damit zu rechnen, dass die Ausgaben in Zukunft weiter ansteigen werden.  

Das Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung Wien (Wifo) hat berechnet, dass 70 Prozent der Ausgaben für die Pflege über Steuern und Sozialversicherungsbeiträge wieder an die öffentliche Hand zurückfließen. (Famira-Mühlberger et al., 2017) 

Quellen:  
Europäische Kommission & Ausschuss für Sozialschutz (2021). Long-term care report. Trends, challenges and opportunities in an ageing society . Country Profiles Volume II 
Famira-Mühlberger, U., Firgo, M., Fritz, O., & Streicher, G. (2017). Österreich 2025: Pflegevorsorge – Künftiger Finanzierungsaufwand und regionalwirtschaftliche Verflechtungen. Wien: Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO). 

Wenn wir vom demografischen Wandel in Österreich sprechen, meinen wir im Wesentlichen, dass die durchschnittliche Lebenserwartung ansteigt und die durchschnittliche Anzahl der Kinder pro Frau (Geburtenrate) sinkt.  

2019 lag die Lebenserwartung bei der Geburt für Frauen bei 84,2 Jahren und für Männer bei 79,5 Jahren. 1980 war die Lebenserwartung mit 76 Jahren für Frauen und 69 Jahren für Männer deutlich niedriger. (Statistik Austria, 2021) 

Die Lebenserwartung sagt nur begrenzt etwas über die Gesundheit aus. Eine Ergänzung stellt die Gesundheitserwartung (Healthy Life Years) dar. Sie beschreibt die zu erwartenden Jahre in guter Gesundheit.  2019 betrug diese in Österreich für Frauen 58 Jahre und für Männer 56,7 Jahre. Dies liegt unter dem EU-Schnitt (Frauen: 65,1; Männer: 64,2). Spitzenreiter bei den Frauen ist Malta mit 73,5 Jahren und bei den Männer Schweden mit 73,8 Jahren. (Eurostat, 2021) 

 1980 wurden im Durchschnitt 1,65 Kinder pro Frau geboren, 2019 waren es nur mehr 1,46 Kinder pro Frau. (Weltbank, 2021) 

In der Folge nimmt der Anteil der Menschen, die über 65 Jahre alt sind, zu. 1991 waren 15 Prozent der österreichischen Bevölkerung älter als 65 Jahre. Davon waren neun Prozent älter als 80 Jahre und galten damit als hochaltrig. (Statistik Austria, 2021) 

2021 beträgt der Anteil der über 65-Jährigen in Österreich bereits knapp ein Fünftel (19,2 Prozent). Der Anteil von Personen im Hochalter hat überproportional zugenommen. Mittlerweile ist jede:r Vierte in der Gruppe der über 65-Jährigen über 80 Jahre alt. (Statistik Austria, 2021) 

Ab 2026 wird der Anteil der Menschen, die als hochaltrig gelten, deutlich ansteigen. Der Grund ist, dass die Jahre 1946 bis 1964 besonders geburtenstark waren (Babyboomer-Jahre). 1963 wurden im Durchschnitt 2,82 Kinder pro Frau geboren. (Weltbank, 2021) 

Der beste Zugang zum Themenbereich „Alter und Pflege“ sind Gespräche mit denen, um die es geht – Menschen im Alter, deren Angehörige und Pflegepersonen. Es gibt aber auch andere spannende Möglichkeiten sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, zum Beispiel über Demografie-Forschung, volkswirtschaftliche Analysen oder Arbeitsmarktstatistiken.

Anja Eberharter, Sozialexpertin für Alter und Pflege der Diakonie

Zahlen und Fakten zur Langzeitpflege in Österreich 

Pflegegeldbezieher:innen in Österreich

Mit Stand Jänner 2021 haben 461.668 Menschen in Österreich Pflegegeld bezogen. Die Höhe des Pflegegelds richtet sich nach dem Pflegebedarf, diese wird in sieben Stufen eingeteilt. (Statistik Austria, 2021)  

Knapp die Hälfte der Pflegegeldbezieher:innen hat einen relativ geringen Unterstützungsbedarf (Pflegestufe 1 und 2). (Statistik Austria, 2021) 

18,5 Prozent der Pflegegeldbezieher:innen hat einen Pflegebedarf der Stufe 3; 14,6 Prozent der Stufe 4 und 11,1 Prozent der Stufe 5. (Statistik Austria, 2021) 

 4,3 Prozent bezogen Pflegegeld der Stufe 6 und nur für zwei Prozent wurde ein Pflegebedarf der Stufe 7 ermittelt. (Statistik Austria, 2021)  

In den FAQ zu Alter und Pflege erfahren Sie mehr zu den Pflegestufen.  

Menschen mit dementiellen Erkrankungen (auch „Menschen mit neurokognitiven Störungen“) 

In Österreich leben rund 130.000 Menschen mit dementiellen Erkrankungen. Es ist damit zu rechnen, dass sich diese Zahl bis 2050 verdoppeln wird.  

Viele Betroffene sind unglücklich mit dem Begriff Demenz. Direkt übersetzt bedeutet er „ohne Geist“. Ein weiterer Grund ist, dass mit dem Begriff viele Stigmata verbunden sind.  

Noch konnte man sich auf keinen alternativen Begriff einigen. In medizinischen Diagnosen liest man aber immer häufiger „neurokognitive Störungen“.  

Wo leben Menschen mit Pflegebedarf?

Wie die untenstehende Grafik zeigt, leben fast 80 Prozent der Menschen mit Pflegebedarf zu Hause. 21 Prozent der Menschen, die Pflege brauchen, leben in Alten- und Pflegeheimen. Die stationäre Pflege spielt bei der Versorgung von Menschen mit Pflegebedarf zahlenmäßig also eine kleinere Rolle als die häusliche Pflege.  

Eigene Darstellung – Quelle: BMSGPK (2020) Österr. Pflegevorsorgebericht 2019 / © Diakonie

Bei der Pflege zu Hause spielen pflegende Angehörige eine wichtige Rolle. Man geht davon aus, dass ca. 950.000 Menschen in Österreich in die Pflege eines:r Angehörigen eingebunden sind. Bei Pflege durch Angehörige spricht man von informeller Pflege.  

Die wichtigsten Fakten zu pflegenden Angehörigen:  

  • Drei Viertel der pflegenden Angehörigen sind weiblich. Häufig handelt es sich um (Schwieger-)Töchter und Ehepartnerinnen. 
  • Mehr als die Hälfte der pflegenden Angehörigen sind selbst bereits über 60 Jahre alt.  
  • Die Hälfte der pflegenden Angehörigen ist in Pension, ein Drittel ist erwerbstätig.  
  • 42.700 Kinder pflegen Angehörige (meistens ihre schwer erkrankten Eltern) 
  • 19 Prozent der pflegenden Angehörigen leisten die Pflege alleine. 
  • 35 Prozent der pflegenden Angehörigen werden durch mobile Dienste unterstützt.   

Quelle: Nagl-Cupal et al.; Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz (Hg.) (2018): Angehörigenpflege in Österreich. Einsicht in die Situation pflegender Angehöriger und in die Entwicklung informeller Pflegenetzwerke. Universität Wien 

Gemessen in Vollzeitäquivalenten sind 50.000 Personen in der Langzeitpflege beschäftigt. (DL Statistik, Statistik Austria, 2021)  

In der stationären Langzeitpflege arbeitet knapp die Hälfte (45 Prozent) in Vollzeit, in der mobilen Pflege nur ein Fünftel. Man geht deshalb davon aus, dass insgesamt 60.000 Personen in der Langzeitpflege arbeiten. (Rappold & Juraszovich, 2019) 

Pflege ist weiblich! 86 Prozent der Pflege- und Betreuungspersonen sind Frauen. (Statistik Austria, DL Statistik) 

Interessant ist, dass 72 Prozent der männlichen Pflege- und Betreuungspersonen in Vollzeit arbeiten, während es bei den Frauen nur rund 30 Prozent sind. (Nordcare, 2018)  

Aufgrund eines Anstiegs der Personen mit Pflegebedarf und aufgrund von Pensionierungen im Pflegebereich rechnet man mit einem zusätzlichen Bedarf von mindestens 75.000 Pflegekräften bis 2030. (Rappold & Juraszovich, 2019)  

Pflege- und Betreuungspersonen nach Bereichen 

Das österreichische Pflegesystem basiert im Wesentlichen auf zwei Säulen – der stationären Pflege in Alten- und Pflegeheimen und den mobilen Angeboten zur Ergänzung der Pflege daheim.  

Diese Versäulung zeigt sich deutlich in der untenstehenden Abbildung der Pflege- und Betreuungspersonen nach Bereichen. 

 72 Prozent der Pflege- und Betreuungspersonen arbeiten in der stationären Pflege, 26 Prozent arbeiten in der mobilen Pflege.  

Die restlichen zwei Prozent teilen sich auf die teilstationäre Tagesbetreuung, alternative Wohnformen und mehrstündige Alltagsbegleitung auf.

Eigene Darstellung – Quelle: Pflegedienstleistungsstatistik 2019 (Statistik Austria, 2020) / © Diakonie

Personenbetreuer:innen (24-Stunden-Betreuung) 

Ca. 25.000 Personen mit Pflegebedarf (entspricht in etwa fünf Prozent) werden durch Personenbetreuer:innen im Zuge der 24-h-Betreuung betreut. (BMSGPK, 2020)  

Der Großteil der Personenbetreuer:innen arbeitet in Selbstständigkeit. In Österreich sind 60.123 selbstständige Personenbetreuer:innen gemeldet (WKÖ, 2021), die von 888 Vermittlungsagenturen vermittelt werden (ebd.). 

Quellen:  
Statistik Austria (2020). Pflegedienstleistungsstatistik 2019  
Bauer, G. Et.al. (2018). Arbeitsbedingungen in der Langzeitpflege aus Sicht der Betroffenen in Österreich, Eine Untersuchung auf Basis der internationalen NORDCARE Befragung, Europäisches Zentrum für Wohlfahrtspolitik und Sozialforschung. 
Rappold, E & Juraszovich, B.(2019). Pflegepersonal-Bedarfsprognose für Österreich. Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz, Wien. 
 BMSGPK (2020). Österreichischer Pflegevorsorgebericht 2019