Lernen Sie das Diakoniewerk kennen: wie alles begann, welche Veränderungen es durchlebte, wo wir heute stehen und wohin die Reise geht.
Der Ursprung des heutigen Diakoniewerks liegt in der Gemeinde Gallneukirchen, wo der katholische Pfarrer Martin Boos von 1806 - 1815 wirkte. Aus seiner Anhängerschaft, den sog. Boosianern, ging später die Evangelische Pfarrgemeinde hervor. 1874 wurde der "Verein für Innere Mission" (heute: Diakoniewerk) von Pfarrer Ludwig Schwarz und einigen Mitgliedern der Evangelischen Pfarrgemeinde Gallneukirchen gegründet. 1877 folgte die Gründung der Schwesternschaft der Diakonissen nach deutschem Vorbild und Einsegnung der ersten beiden Diakonissen Elise Lehner und Elisabeth Obermeir. Damit begann die Arbeit für und mit Menschen mit Behinderung, Kindern, Menschen im Alter und im Gesundheitsbereich. Im Wandel der Zeit wurden immer mehr weltliche Mitarbeiter:innen aufgenommen (1988 waren es 872) – heute haben 4.000 Mitarbeiter:innen im Diakoniewerk ihren Arbeitsplatz. 2024 feiern wir unser 150-jähriges Jubiläum.
Im Folgenden finden Sie einen Überblick der Entwicklungsgeschichte des Diakoniewerks bis heute.
Wer sind Diakonissen?
Diakonissen sind unverheiratete Frauen, die ihr Leben einer evangelischen Glaubens- und Arbeitsgemeinschaft widmen. Sie tragen eine einheitliche Tracht, ihr Stammsitz sind die sogenannten Mutterhäuser wie es auch das Haus Bethanien in Gallneukirchen ist. Statt eines eigenen Einkommens werden sie vom Mutterhaus in allen Lebenslagen bis zum Tod versorgt und bekommen ein kleines Taschengeld für persönliche Bedürfnisse.
Erste Diakonissen wurden ab den späten 1830er-Jahren in Deutschland aktiv. Die ersten beiden österreichischen Diakonissen Elise Lehner und Elisabeth Obermeir begannen ihre soziale Arbeit in Gallneukirchen 1877 nach einer dreijährigen Ausbildung in Stuttgart. Vielen Frauen im 19. und 20. Jahrhundert wurde mit diesem Modell eine Berufsausbildung und Berufsausübung jenseits von Ehe und Familie ermöglicht. Als Diakonissen konnten sie sich gegen alte Strukturen behaupten, und setzten einen wichtigen Grundstein für die Entwicklung von Frauenberufsbildern.
Disziplin spielte eine bedeutende Rolle im Leben der Diakonissen. in sogenannten "Schwesternbriefen" mussten sie über etwaiges Fehlverhalten anderer Diakonissen berichten, wenn sie auf auswärtigen Stationen unterwegs waren. Das Mutterhaus konnte somit Kontrolle und Disziplinierung ausüben. Damit gaben die Briefe nicht nur Einblick in das Leben der Diakonissen, sondern waren auch Zeugnis unterschiedlicher sprachlicher Fähigkeiten. Manche Diakonissen waren kaum in der Lage, Sätze zu formulieren, andere wiederum verfügten über große sprachliche Eleganz.
Nach 1945 erreichte die Zahl der Diakonissen mit etwa 250 ihren Höchststand. Bis in die 1980er- und 1990er-Jahre waren Diakonissen in allen Arbeitsfeldern des Diakoniewerkes sowohl in leitenden Funktionen als auch an der Basis tätig. Da es aber längst keine Neueintritte mehr gab, ging die Arbeit kontinuierlich in die Hände von weltlichen Mitarbeitenden über.
Alle Diakonissen kennenlernenDas Mutterhaus der Diakonissen
Das Haus Bethanien ist als ehemaliges Mutterhaus der Diakonissen eng mit der Geschichte des Diakoniewerks verwoben und blickt auf eine bewegte und erfüllte Vergangenheit zurück. Am 1. Juni 1909 wurde das Diakonissenhaus Bethanien als das Mutterhaus eröffnet und stand ca. 100 Diakonissen aus nahezu allen Ländern der K&K-Monarchie zur Verfügung. Das Haus wurde zur Heimat der Diakonissen und damit zum Zentrum ihres spirituellen Lebens. Die große Küche war 101 Jahre lang in Betrieb, eine Nähstube diente dem Schneidern von Kleidern und Textilien. Der Garten wurde im Laufe der Zeit von einem Selbstversorgungs- in einen Erholungsgarten umfunktioniert. Während und nach beiden Weltkriegen diente das Mutterhaus sowohl als Lazarett als auch als Zufluchtsort für Flüchtlinge. Es gab Ausbildungsräume für junge Schwestern und Mietzimmer für Gäste oder Schülerinnen. Zeitgemäße Adaptierungen wie die Einleitung von Fließwasser in die einzelnen Zimmer und der Einbau eines Aufzuges brachten Verbesserungen. Schließlich nahm die Anzahl der Diakonissen mangels Neueintritten und durch Todesfälle kontinuierlich ab. Die letzte Schwestern-Einsegnung fand 1963 statt. Auch die Bausubstanz des Gebäudes wurde zunehmend schlechter. Die Schwestern übersiedelten 2010 in das Haus Abendfrieden. Das Haus Bethanien wurde ab 2013 einem Umbau unterzogen. Im April 2015 beherbergte das Haus die OÖ. Landessonderausstellung. Zweite Bauetappe erfolgte mit September 2015.
Das heutige Haus Bethanien
Nach der Generalsanierung erstrahlt das Haus Bethanien seit September 2016 in neuem Glanz und ist wieder ein Ort für soziales Wirken. Was die Diakonissen vor über 100 Jahren im Haus Bethanien begonnen haben, wird heute mit einer Vielfalt an Arbeitsfeldern unter einem Dach fortgesetzt.