Altersarmut in Österreich: Zu wenig Geld, schlechtes Wohnen, soziale Isolation und erhöhtes Krankheitsrisiko. Fakten und Forderungen der Diakonie.

Wer ist besonders von Altersarmut bedroht?

216.000 (14 Prozent) aller alte Menschen sind von Einkommensarmut betroffen, davon 145.000 Frauen und 71.000 Männer. 51.000 leben in materieller Deprivation, das heißt Leben unter sozial schwierigen und bedrückenden Bedingungen. Sie leiden besonders unter: 

  • der schlechten Wohnsituation,
  • dem mangelnden finanziellen Spielraum,
  • sozialer Isolation und
  • einem erhöhten Risiko zu erkranken.  

Das bedeutet: Betroffene können die Wohnung nicht angemessen warm halten, nicht ein Mal im Monat Freunde oder Verwandte einladen, sind mit Zahlungen im Rückstand, können keine unerwarteten Ausgaben tätigen und sich notwendigen Arztbesuch nicht leisten.

Österreich liegt mit der Altersarmut unter dem OECD-Schnitt (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung). Das weist auf die präventive Wirkung des Sozialstaats hin. Neue Entwicklungen dürfen aber nicht übersehen werden. Prekäre Lebensverhältnisse nehmen zu. Pflegebedürftigkeit kann zu einer Armutsfalle werden. 

 

216.000 alte Menschen sind in Österreich von Einkommensarmut betroffen. Besonders betroffen sind Frauen: Eine von vier alleinstehenden Frauen im Alter ist von Armut bedroht.

Martin Schenk, Diakonie-Sozialexperte

Das höchste Risiko, im Alter auf eine Mindestpension angewiesen zu sein, haben Frauen, selbst wenn sie längere Versicherungsdauer aufweisen, aber in ihrem Leben niedrige Einkommen mit längeren Teilzeitphasen hatten. Ursachen gibt es mehrere: niedrige Erwerbseinkommen, längere Perioden der Arbeitslosigkeit, Teilzeit, vorzeitige Erwerbsunfähigkeit, längere Krankheiten, Scheidungen, Zuwanderung im mittleren Alter, ohne dass bereits ausreichende Alterssicherungsansprüche erworben und mitgebracht wurden

 

Diese gesetzliche Regelung senkt natürlich die Alterspensionen. Für Frauen, die lange bei den Kindern sind und sich dann auch in der Pflege Angehöriger engagieren, ist auch die lange Durchrechnungszeit ein Problem. Die schlechtere Bewertung der Zeiten, in denen man arbeitssuchend war, wirkt sich ebenfalls aus.

Auch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und das Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung Wien (WIFO) betonen die große Bedeutung umlagefinanzierter Pensionen für die soziale Sicherheit. Vor Altersarmut schützen guter Lohn, durchgängige Erwerbszeiten, keine Krankheiten, stabile Beziehungen, keine Arbeitslosigkeit, keine Kinder und keine pflegebedürftigen Angehörigen. An dieser Aufzählung merken wir schon, dass wir das nicht alles persönlich im Griff haben; denn vieles gehört zu den Normalfällen des Lebens, ist dem Zufall geschuldet oder von gesellschaftlichen Rahmenbedingungen abhängig.

Gesundheitsprävention am Arbeitsplatz ist ganz wichtig. Ältere Arbeitnehmer:innen dürfen mit ihren Sorgen nicht alleingelassen werden. Als schwierig gestaltet sich der Alltag von ehemaligen Bezieher:innen einer Invaliditätspension, die nach deren Abschaffung einen Wiedereinstieg ins Berufsleben versuchen sollen. Manche finden einen Job, viele pendeln aber frustriert zwischen AMS, Übergangsstellen im Sozialbereich und kurzen Phasen in regulärer Arbeit. Da braucht es bessere Lösungen.

Insgesamt muss Österreich auch aufpassen keinen künstlichen Niedriglohnmarkt zu produzieren – wie Hartz IV in Deutschland. So wie jetzt in Österreich die Mindestsicherungsfrage diskutiert wird, so hat die Debatte auch dort angefangen. Geendet hat sie nicht in einem  Sprungbrett für die Betroffenen, sondern in einer Armutsfalle: Nur zwölf Prozent steigen bei Hartz IV in bessere Arbeitsverhältnisse auf. Man fällt schnell in das Hartz-IV-System hinein und kommt umso schwerer wieder heraus. Das hat Kinderarmut bis weit in die unteren Mittelschichten hochgetrieben – und wird auf der anderen Seite die Altersarmut erhöhen.

Armut macht krank und Menschen schneller zum Pflegefall. Menschen mit geringem sozialem Status haben im Alter weniger von Behinderungen freie Jahre in Gesundheit zu erwarten als Menschen mit höherem sozialem Status. Pflegegeldbezieher:innen müssen – auf Grund ihrer geringen Einkommen und gleichzeitig hoher Ausgaben – mit einer überaus prekären Lebenssituation zurande kommen. Armutsbetroffene werden im Alter öfter krank und pflegebedürftig sein als Ältere mit hohen Pensionen, aber gleichzeitig weniger Geld zur Bezahlung sozialer Dienstleistungen zur Verfügung haben. Mit geringerem Einkommen steigt nicht nur das Sterberisiko, sondern auch die Dauer der gesundheitlichen Beeinträchtigung beziehungsweise der Pflegebedürftigkeit.

Nicht direkt, weil es in Österreich ja die Ausgleichszulage gibt, die eine Art Grundsicherung im Alter darstellt. Man muss allerdings dafür auch die Versicherungszeiten aufbringen. Wer das nicht kann, landet im Alter in der Dauer-Sozialhilfe. Eine richtige Grundpension, wie in den nordischen Sozialstaaten, könnte da helfen.

Ein Mitarbeiter im 's Häferl der Diakonie überreicht einem Gast draußen eine warme Suppe
Eine warme Mahlzeit für jeden. / © Lukas Plank

Österreich armutssicher machen

Eine gute Mindestsicherung hilft uns allen, in einem sozialen und sicheren Land zu leben. Sie sollte ein Mindestmaß an Selbstbestimmung sichern und helfen, Not abzuwenden – nicht das Leben noch schwerer machen.

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