Jeder Mensch hat das Recht, an unserer Gesellschaft gleichberechtigt teilzuhaben. Weil Verschiedenheit normal ist und bereichert! Das sind die wichtigsten Begriffe zu den Themen Inklusion und Menschen mit Behinderungen.

Allgemeines

Hier werden allgemeine Fragen zum Thema Inklusion und Menschen mit Behinderungen beantwortet. 

Inklusion bedeutet, dass keine Person ausgeschlossen wird. Jeder Mensch wird in seiner Individualität akzeptiert und kann gleichberechtigt, selbstbestimmt und in vollem Umfang an der Gesellschaft teilhaben und teilnehmen – ganz unabhängig von Geschlecht, Alter, Herkunft, Religionszugehörigkeit, Bildung oder eventuellen Behinderungen.” 

Quelle: Schöb, Andrea (2013): Definition Inklusion

Das Wort „Behinderungen“ verwenden wir bewusst. Wir sprechen von „Behinderungen haben“. Eine Person ist nicht behindert, sondern sie hat Behinderungen.  

Die UN-Behindertenrechtskonvention verwendet auch die Mehrzahl (Plural), weil es die Mehrdimensionalität von „Behinderung“ zum Ausdruck bringt. Die Disability Studies unterscheiden zwischen Beeinträchtigungen und Behinderungen: „Beeinträchtigungen“ sind die körperliche Seite von Behinderungen – wie die chronische Krankheit oder die Querschnittslähmung. Die Mehrzahl soll zeigen, dass es sich bei Behinderungen um ein soziales Phänomen handelt, das viele Ebenen hat. In unserer Gesellschaft gibt es Barrieren und es ist nicht primär die Beeinträchtigung einer einzelnen Person, die die Barriere ist, sondern es sind die vielen Behinderungen durch die Gesellschaft. 

Leitfaden "Respektvoll Reden"

Mehr zum sozialen Modell von Behinderung: 

Forstner, Matthias: Soziales Modell von Behinderung. 2018

Üblicherweise werden Behinderungen in drei Formen unterteilt, die im Bundesbehindertengesetz (BBG) genannt sind: 

  • Körperliche Beeinträchtigung 
  • Geistige Beeinträchtigung 
  • Psychische Beeinträchtigung (länger als sechs Monate andauernd) 

Hier der Originaltext aus dem Bundesbehindertengesetz, Artikel VI, § 1 (2):  

„Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.“ 

Leichte Sprache möchte Kommunikation barrierefrei verständlich machen. Sie ist durch die Selbstvertretungsbewegung entstanden und hatte als erste Zielgruppe Menschen mit Lernschwierigkeiten. Es gibt spezielle Regeln zur Leichten Sprache, die der Verein Netzwerk Leichte Sprache veröffentlicht.  

Ein ähnliches Konzept wie die Leichte Sprache hat die Einfache Sprache. Diese ist aber weniger strikt geregelt. Leichte und Einfache Sprache kann für viele hilfreich sein, zum Beispiel für Personen, die die Sprache erst lernen oder die an Demenz erkrankt sind.  

Weiterführende Informationen:  https://www.leichte-sprache.org

Wichtige Zahlen 

Im folgenden Abschnitt werden interessante Zahlen im Überblick dargestellt. 

2017 hat die Bundesregierung den dritten Bericht über die Lage der Menschen mit Behinderungen in Österreich beschlossen. Im Bericht der Statistik Austria, der daran angehängt ist, gibt es die aktuellsten Zahlen für Österreich (Mikrozensus Zusatzerhebung aus dem Jahr 2015).  

Laut dem Bericht sind in Österreich 18,4 Prozent der Wohnbevölkerung Menschen mit Behinderungen, das sind hochgerechnet ca. 1,4 Millionen Personen. 

Bericht der Bundesregierung: Lage der Menschen mit Behinderungen in Österreich (2016)

Quelle: Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz 

In den 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union leben rund 80 Millionen Menschen mit Behinderungen bzw. mit einem lang andauernden Gesundheitsproblem. 

Als eine der ersten EU-Mitgliedstaaten hat Österreich 2008 die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) ratifiziert. Zur Umsetzung der UN-BRK wurde 2012 ein eigener „Nationaler Aktionsplan Behinderung“ beschlossen.  

Weiterführende Informationen: 

European Union Agency for Fundamental Rights

Die Gesetze im Bereich Menschen mit Behinderungen 

Hier werden wichtige Fragen zu den gesetzlichen Grundlagen im Bereich Menschen mit Behinderungen beantwortet.  

Das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen ist ein internationaler Vertrag, in dem sich die Unterzeichnerstaaten verpflichten, die Menschenrechte von Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten. In Österreich ist die UN-BRK seit 26. Oktober 2008 in Kraft. Sie muss bei der Gesetzgebung und der Vollziehung (Verwaltung und Rechtsprechung) berücksichtigt werden.

Die Themen reichen von Selbstbestimmung über Finanzen, Gesundheit, Bildung, Arbeit, Freizeit, Sicherheit, Wohnen bis hin zu Familie. 

Zu den Menschen mit Behinderungen zählen Menschen, die langfristige körperliche, psychische, intellektuelle Beeinträchtigungen der Sinne haben, die sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen und wirksamen Teilhabe an der Gesellschaft, gleichberechtigt mit anderen, hindern können. 

Seit Dezember 2008 überwacht der (unabhängige) Monitoringausschuss im Bereich des Bundes die Einhaltung der Konvention. Die österreichischen Bundesländer haben für ihren Zuständigkeitsbereich ebenfalls Monitoringstellen eingerichtet.

In den 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union leben bis zu 80 Millionen Menschen mit Behinderungen bzw. mit einem lang andauernden Gesundheitsproblem. Als eine der ersten EU-Mitgliedstaaten hat Österreich 2008 die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) ratifiziert. Zur Umsetzung der UN-BRK wurde 2012 ein eigener „Nationaler Aktionsplan Behinderung“ beschlossen.

Der Nationale Aktionsplan Behinderung wird oft mit NAP Behinderung abgekürzt. Der NAP Behinderung ist die langfristige Strategie des Bundes zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Der erste NAP Behinderung wurde 2012 beschlossen und galt ursprünglich bis 2020. Aufgrund von Verzögerungen wurde der Aktionsplan um ein Jahr bis 2021 verlängert. Der zweite NAP Behinderung wurde 2022 beschlossen und gilt bis 2030.

Weiterführende Informationen:

Nationaler Aktionsplan Behinderung 2022-2030

Nationaler Aktionsplan Behinderung 2012–2020 

NATIONALER AKTIONSPLAN 2012–2020 in Leichter Lesen 

Evaluierung des Nationalen Aktionsplans Behinderung 2012–2020 

 

Selbstvertretung und Interessenvertretung 

Hier werden wichtige Fragen zur Teilhabe, Interessen- und Selbstvertretung beantwortet. 

Der Begriff der Selbstvertretung hat sich in den letzten Jahren durchgesetzt und bedeutet, dass Menschen mit Behinderungen  

  • sich in Gruppen zusammenschließen,  
  • sich gemeinsam für die eigenen Interessen und Gerechtigkeit einsetzen und  
  • für sich selbst, als Betroffene, Entscheidungen treffen.  

Ganz nach dem Motto „“Nichts über uns ohne uns“. Die Selbstvertretung ist im Rahmen der „people first“-Bewegung, die in den USA und Schweden ihren Ursprung hat, wichtig geworden. Der Begriff Selbstvertretung wird vor allem für Initiativen von Menschen mit Lernschwierigkeiten verwendet.  

Eine Interessenvertretung ist eine Gruppe oder Organisation, die die Interessen einer bestimmten Gruppe vertritt.  

Selbstvertreter:innen können ein Teil der Interessenvertretung sein. Aber Interessenvertretung bedeutet nicht, dass alle, die Teil der Interessenvertretung sind, auch selbst betroffen sind oder zu der Gruppe, deren Interessen vertreten werden, gehören. 

So ist zum Beispiel der Österreichische Behindertenrat mit über 80 Mitgliedsorganisationen die Interessenvertretung für 1,4 Millionen Menschen mit Behinderungen in Österreich. Nicht alle Organisationen und Personen, die im Behindertenrat aktiv sind, sind jedoch Selbstvertreter:innen und selbst Menschen mit Behinderungen. 

Inklusive Bildung 

Hier werden die wichtigsten Begriffe zum Thema Inklusion und Bildung erklärt. Für die Diakonie ist klar: „Es ist normal, dass es Kinder mit Behinderungen gibt. Und eine Schule ohne Kinder mit Behinderungen ist keine normale Schule!“ 

Im Bildungsbereich gibt es den Ansatz der inklusiven Pädagogik. Im Zentrum steht, dass es normal ist, dass Kinder unterschiedlich sind. Inklusiver Unterricht stellt das einzelne Kind mit seinen Bedürfnissen und Fähigkeiten, seinem individuellen Tempo und Lernstil ins Zentrum. Dieser pädagogische Ansatz kommt allen Kindern zugute, unabhängig davon, ob sie Behinderungen haben oder nicht. Denn alle Kinder lernen gemeinsam und werden individuell gefördert. 

Es ist normal, dass Kinder unterschiedlich sind. Inklusiver Unterricht stellt das einzelne Kind mit seinen Bedürfnissen und Fähigkeiten, seinem individuellen Tempo und Lernstil ins Zentrum. / © Diakonie

Die inklusive Bildung, die inklusive Pädagogik greift zurück auf andere pädagogische Theorien und Praxen, wie zum Beispiel Sonder- und Heilpädagogik, Migrationspädagogik, Genderpädagogik oder Begabungspädagogik. Sie lehnt jedoch diese Etikettierung und Klassifizierung ab. Ziel ist eine „strukturelle Veränderung der regulären Institutionen“.  

Sonder- und Heilpädagogik fokussiert dabei auf die Unterscheidung Behinderung/Nichtbehinderung und fragt nach den Barrieren, denen Kinder mit Behinderungen begegnen und wie diese abgebaut werden können.  

Quellen:  

Pädagogische Hochschule: Inklusive Bildung und Sonderpädagogik.
Schöb, Andrea: Definition Inklusion. 2013

Wenn ein Kind dem Unterricht nicht folgen kann, dann muss festgestellt werden, ob ein sonderpädagogischer Förderbedarf vorliegt. Wichtig ist festzuhalten, dass nicht jede Beeinträchtigung einen sonderpädagogischen Förderbedarf zur Folge hat. Bevor ein sonderpädagogischer Förderbedarf erteilt wird, müssen alle anderen Fördermöglichkeiten voll ausgeschöpft sein.  

Ein sonderpädagogischer Förderbedarf kann festgestellt werden, wenn ein:e Schüler:in   

  • eine körperliche, geistige und/oder psychische Beeinträchtigung oder eine Beeinträchtigung der Sinne hat,  
  • die Beeinträchtigung nicht nur vorübergehend ist,  
  • dem Unterricht in der Pflichtschule (Volksschule, Mittelschule oder Polytechnische Schule) nicht folgen kann und 
  • nicht vom Schulbesuch befreit ist.  

Beantragt werden kann der sonderpädagogische Förderbedarf durch  

  • die Eltern/Erziehungsberechtigten  
  • die:den Schulleiter:in  
  • die Schulbehörde  

Teilleistungsschwächen, wie zum Beispiel eine Leseschwäche (Legasthenie) oder Rechenschwäche (Dyskalkulie), sind kein Grund für die Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs. Auch wenn keine ausreichenden Deutschkenntnisse vorhanden sind, um dem Unterricht zu folgen, ist das kein Grund für einen sonderpädagogischen Förderbedarf.  

Die UN-Behindertenrechtskonvention ist 2008 in Österreich in Kraft getreten. Seitdem ist Österreich verpflichtet, ein inklusives Bildungssystem auf allen Ebenen einzuführen. Tatsächlich ist Österreich aber noch weit entfernt davon, Inklusion von der Kinderkrippe bis zur Universität und dem lebenslangen Lernen als Standard umzusetzen. Mehr dazu auf hier.

Kinder und Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf (SPF) können aktuell in Österreich entweder eine Sonderschule oder in integrativer Form die Regelschule besuchen.   

Die Sonderschule umfasst neun Schulstufen, das letzte Jahr dient der Berufsvorbereitung.   

Auf Wunsch kann ein Kind mit sonderpädagogischem Förderbedarf auch zwölf Jahre die Sonderschule besuchen. Dazu sind die Zustimmung der Schulbehörde und die Einwilligung des Schulerhalters notwendig.  

Wenn die Entscheidung auf die integrative Form fällt, können Kinder oder Jugendliche mit Behinderungen Volksschulen, Mittelschulen, die AHS-Unterstufe, Polytechnische Schulen oder einjährige Haushaltsschulen besuchen.   

Nach Ende der Pflichtschule fehlt die gesetzliche Grundlage für inklusive Bildung von Schüler:innen mit und ohne Behinderungen. Wenn ein längerer Schulbesuch (bis zu maximal zwölf Jahren) gewünscht ist, ist das nicht einfach so möglich. Es fehlt das Angebot und es braucht die Zustimmung der Schulbehörde und die Einwilligung des Schulerhalters.  

Das einzige inklusive Oberstufenrealgymnasium in Österreich betreibt die Diakonie in Salzburg. Nur hier können Jugendliche mit Behinderungen auch nach der 9. Schulstufe weiter die Schule, nämlich eine AHS, besuchen. Sie folgen hier einem speziell auf sie zugeschnittenen Lehrplan und können nach der 11. Schulstufe mit einem Pflichtschulabschluss abschließen.  

Quelle: Bundesministerium Bildung, Wissenschaft und Forschung: Sonderschule und inklusiver Unterricht  

Menschen mit Behinderungen und Sprache

Menschen mit Einschränkungen in der Lautsprache können mithilfe von assistierenden Technologien kommunizieren. Aber was bedeutet das genau? Hier werden die wichtigsten Begriffe erklärt. 

Unterstützte Kommunikation (UK) geht davon aus, dass jeder Mensch ein Bedürfnis nach Kontakt und Kommunikation sowie das Recht auf Selbstbestimmung hat. UK beschreibt daher verschiedene Methoden, die Kommunikation ermöglichen können, auch unter Zuhilfenahme von Hilfsmitteln. Elemente der unterstützten Kommunikation können Blickbewegungen, Mimik, Zeigebewegungen, Körperbewegungen, Gebärden, Fingeralphabete sein. Nichtelektronische Hilfsmittel, die in der unterstützten Kommunikation verwendet werden, sind etwa Kommunikationstafeln, Thementafeln, einzelne Bild- oder Wortkarten. 

Assistierende Technologien (AT) sind technische Hilfsmittel, die zur Aufrechterhaltung bzw. Verbesserung der Ausdrucksmöglichkeiten eines Menschen führen und Funktionseinschränkungen ausgleichen helfen. Solche Technologien sind sprechende Tasten, Pupillensteuerungen, Sprachausgabegeräte, schrift-sprachbasierte Kommunikationshilfen oder Tablet-PCs. AT dienen dazu, Lebensqualität und Selbstbestimmung durch Barrierefreiheit zu ermöglichen. Wesentlich ist, dass Betroffene in die Entwicklung von AT einbezogen werden, um zu gewährleisten, dass Geräte sich den Bedürfnissen der Menschen anpassen.

Laut dem österreichischen Behindertenbericht leben etwa 63.000 Menschen mit Einschränkungen in der Lautsprache bzw. Sprechbehinderungen. Die Ursachen für die Beeinträchtigungen sind vielfältig:  

  • Sie können angeboren sein, etwa durch infantile Cerebralparese,   
  • fortschreitend wie bei Multipler Sklerose,   
  • erworben wie bei einer Lähmung durch Schlaganfall,   
  • oder es handelt sich um eine vorübergehende Sprachbeeinträchtigung nach einem Unfall.  

Betroffen sind auch die rund 250.000 Angehörigen, die meist unterstützend im Alltag tätig sind. Die Herausforderungen, um überhaupt zu Geräten zu kommen, liegen dabei vor allem in der umfangreichen Bürokratie und dem Umstand, dass kein rechtlicher Anspruch besteht.  

 Anträge auf elektronische Hilfsmittel sind Spießrutenläufe.  

Vor allem die unterschiedlichen Zuständigkeiten führen in Österreich dazu, dass Anträge auf elektronische Hilfsmittel eher Spießrutenläufe als Behördengänge sind.  

Nicht nur die Kranken- und Unfallversicherung, auch die Pensionsversicherung, die Sozialabteilungen der Bundesländer sowie das Bundessozialamt sind für die Bewilligung und Beschaffung von Hilfsmitteln zuständig. Bei der Finanzierung wird zudem noch von freien Trägern oder sozialen Wohlfahrtsorganisationen geholfen.  

Am besten ist es also, sich von Anfang an beraten zu lassen.

Die „UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung“ wurde in Österreich im Jahr 2008 ratifiziert und geht in mehreren Artikeln auf die Verpflichtung der Staaten zur Förderung von Kommunikationstechnologien ein. Dabei stellt die UN-Konvention klar, dass Kommunikation nicht nur Sprache, Textdarstellungen und Brailleschrift einschließt, sondern auch durch Informations- und Kommunikationstechnologien gewährleistet werden kann. Der Anspruch darauf zieht sich wie ein roter Faden durch den gesamten Vertragstext.